Heiligenhaus. Vor 75 Jahren wurde Heiligenhaus zur Stadt ernannt. Vorher musste allerdings erst eine bestimmte Marke geknackt werden.

Der erste Teil der Heiligenhauser Geschichts-Serie drehte sich um das 125-jährige Jubiläum der Unabhängigkeit von Velbert. Im zweiten Teil geht es nun deutlich harmonischer und festlicher zu: Thema ist das 75-jährige Jubiläum der Erhebung von Heiligenhaus zur Stadt.

Warum es erst so verhältnismäßig spät zu diesem Schritt kam, was die Heiligenhauser Wirtschaft mit der Stattgebung des Antrages zu tun hatte und was an den Feiern kurios war, hat WAZ-Mitarbeiter Simon Klaus mit dem Heiligenhauser Stadtarchivar Dr. Axel Bayer erörtert.

Ersten antrag 1934 gestellt

Schon in der Zeit des Nationalsozialismus wollten die Heiligenhauser ihrem Status als Landgemeinde ein Ende setzen und endlich als Stadt gelten. Dafür stellten sie 1934 einen Antrag an die zuständige Behörde und argumentierten unter anderem mit der stark steigenden Einwohnerzahl.

Doch trotz der steigenden Tendenz betrug die Einwohnerzahl zu diesem Zeitpunkt noch unter 10.000 Einwohner – diese Grenze wurde gerne als Faustregel für die Qualifikation zur Stadt genommen. Aus diesem Grund wurde der Heiligenhauser Antrag vorerst abgelehnt.

Erneuter Versuch nach Kriegsende

Nach Kriegsende probierte man es dann erneut – die magische Zehntausender-Grenze war längst überschritten, mehr als 11.500 Menschen zählte Heiligenhaus zu diesem Zeitpunkt. Stadtdirektor August Overhamm stellte am 27. Januar 1947 einen offiziellen Antrag an die Militärregierung, der Gemeinde Heiligenhaus die Bezeichnung „Stadt“ zu verleihen.

Zur Feier des Tages gab es auch Musik von einem Chor.
Zur Feier des Tages gab es auch Musik von einem Chor. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Den Heiligenhausern war die Bezeichnung „Landgemeinde“ ein Dorn im Auge – schon damals machte die Schlüsselregion ihrem Namen alle Ehre, exportierte zahlreiche Beschläge und ähnliche Produkte bis ins Ausland.

Wirtschaft forciert Ernennungsantrag

Nicht gerade das, was man im ersten Moment mit einer Landgemeinde assoziieren würde, fanden auch die Heiligenhauser damals: „Der Begriff wurde von der Wirtschaft als rufschädigend und nicht wertschätzend angesehen. Der Status als Stadt sollte den guten Zustand der Industrie mehr hervorheben“, weiß Archivar Dr. Axel Bayer. Wichtig hierbei: Der Begriff „Stadt“ steht lediglich für eine Bezeichnung, nicht für andere Rechte oder Ähnliches.

Gemeinsam mit Stadtarchivar Dr. Axel Bayer hat WAZ-Mitarbeiter Simon Klaus einen Blick in die Heiligenhauser Geschichte geworfen.
Gemeinsam mit Stadtarchivar Dr. Axel Bayer hat WAZ-Mitarbeiter Simon Klaus einen Blick in die Heiligenhauser Geschichte geworfen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Der zweite Anlauf war erfolgreich, der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Dr. Walter Menzel, stellte am 20. März die Urkunde über die Verleihung der Stadtrechte aus. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass die Urkunde schon damals das heute noch aktuelle Stadtwappen ziert.

Stadtwappen bleibt erhalten

1937 hatte Heiligenhaus dieses erhalten, das Wappen ist in den Bergischen Farben rot-silber-blau gehalten und symbolisiert mit einem Amboss und gekreuzten Werkzeugen die Heiligenhauser Industrie. Trotz der Ausstellung der Urkunde am 20. März galten die Stadtrechte erst ab dem 1. April 1947 – schon damals hatte man den Bezug zu dem Datum der Unabhängigkeit in die Datierung einbezogen.

War die Unabhängigkeit nur wenig feierlich begangen und nahezu verschwiegen worden, so wurde die Ernennung zur Stadt mit einem ganztägigen Festakt mit mehreren Stationen gefeiert. Archivar Dr. Bayer hat allerdings eine Kuriosität ausgemacht: „Die Stadtrechte waren ab dem 1. April in Kraft – doch es wurde erst am 2. April gefeiert. In den Überlieferungen habe ich nirgendwo eine Begründung dafür gefunden, ich könnte nur raten.“

50-Jähriges wurde groß gefeiert

Das 50-jährige Bestehen der Gemeinde sowie die Ernennung zur Stadt wurde somit am 2. April 1947 gefeiert. Das Programm bestand aus einer Schulspeisung (mit Schokolade und Hefe-Gebäck) am Morgen, gefolgt von einer fotografischen Aufnahme der Stadtbediensteten vor dem Rathaus.

Anschließend besichtigten die Heiligenhauser Politiker gemeinsam mit dem Vertreter des Innenministeriums und dem Regierungspräsidenten die Werke von Steinbach & Vollmann und Wilhelm Engstfeld. Nach einer Festsitzung des Stadtrates begab sich der Tross in das Hotel „Zur Krone“ und lauschte der Operette „Der Vogelhändler“. Den Abend ließen die Feiernden im Ratskeller ausklingen.

Zwei Jubiläen in diesem Jahr

Das Jahr 2022 ist für Heiligenhaus ein geschichtsträchtiges: Gleich über zwei Jubiläen können sich die Heljenser freuen.

Auf der einen Seite stehen am 1. April 125 Jahre Unabhängigkeit von Velbert und somit Selbstständigkeit auf dem Kalender, auf der anderen 75 Jahre Ernennung zur Stadt.