Heiligenhaus. Die Heiligenhauser wollten 1877 den teuren Rathausneubau in Velbert nicht mittragen. So kam es dann zur Spaltung und 1897 zur Unabhängigkeit.
Das Jahr 2022 ist für Heiligenhaus ein geschichtsträchtiges: Gleich über zwei Jubiläen können sich die Heljenser freuen. Auf der einen Seite stehen am 1. April 125 Jahre Unabhängigkeit von Velbert und somit Selbstständigkeit auf dem Kalender, auf der anderen 75 Jahre Ernennung zur Stadt. Gemeinsam mit Stadtarchivar Axel Bayer werden wir in dieser Serie über einige spannende Hintergründe der einzelnen Stichtage berichten.
Der 1. April 1897 – ein zentraler Tag für die Entwicklung der Stadt Heiligenhaus. Dass es eines Tages zu einer Spaltung und Lossagung kommen würde, war laut Bayer schon fast 100 Jahre vorher klar. Seit 1808 stand das Areal mit der heutigen Stadt Heiligenhaus unter französischer Herrschaft. Es wurde die Bürgermeisterei Velbert eingerichtet, in welche Heiligenhaus integriert wurde. „Die Bevölkerungszahlen der beiden Bestandteile waren fast gleich groß – da war es vorprogrammiert, dass es früher oder später zu Unstimmigkeiten kommen würde“, findet Bayer.
Erster Wunsch nach Eigenständigkeit der Heiligenhauser wird laut
Denn trotz der zahlenmäßigen Augenhöhe waren die Heiligenhauser im Rat klar in der Minderheit, was in einer geringen Einflussmöglichkeit auf politische Entscheidungen mündete. Dadurch fühlten sie sich häufig benachteiligt, es entstand keinerlei Zusammengehörigkeitsgefühl. Der erste klare Wunsch nach Selbstständigkeit wurde 1859 laut, als die Velberter ein neues, sehr teures Rathaus bauen und zu einem beträchtlichen Teil von den Heiligenhausern mitfinanzieren lassen wollten.
Mit diesem Wunsch stießen die Heiligenhauser bei den Velbertern allerdings nicht gerade auf offene Türen – bis es 1877 unter Neu-Bürgermeister Thomas zu einer Wende kam: Er wollte die Heiligenhauser gerne loswerden, um keine Unstimmigkeiten innerhalb seiner Stadt zu haben. Der Heiligenhauser Dr. Nießing sammelte 1894 206 Unterschriften für die Trennung von Velbert – für die damalige Zeit eine sehr hohe Zahl, die auch bei den Velberter Politikern Anerkennung fand. Eine Trennungskommission wurde eingerichtet, welche aus acht Mitgliedern bestand.
Stachel saß tief in Velbert: Nur kurze Meldung in Velberter Zeitung
Ganz im Sinne der Demokratie waren jeweils vier Heiligenhauser und vier Velberter anwesend, unter anderem Bürgermeister Thomas, der auch 17 Jahre später noch im Amt war. Eine Einigung erfolgte am 5.12.1896 und wurde in einer abschließenden Sitzung von allen Beteiligten sowie von dem Düsseldorfer Regierungspräsidenten abgesegnet. Dass es so lange gedauert hat, liegt für Stadtarchivar Bayer an der verzwickten finanziellen Situation: „Es gab damals einen Haufen Schulden, den die Velberter im Zuge der Aufteilung gerne losgeworden wären. Jedoch liefen die Verhandlungen aus Heiligenhauser Sicht gut, man musste lediglich ein Drittel der Schulden übernehmen. Damit ist man wirklich gut weggekommen und konnte seinen eigenen Weg einschlagen.“
Am 6. Dezember wurde die Trennung dann im Stadtrat fast einstimmig bewilligt. Jedoch folgte keineswegs ein Marathon der offiziellen Festlichkeiten: Auf Bitten des Landrats wurde die Trennung in Heiligenhaus nicht an die große Glocke gehängt. Es gab lediglich ein Festessen im Hotel „Zur Krone“, welches nur auf Anmeldung geöffnet war. Dass der Stachel in Velbert ziemlich tief saß, zeigt ein interessantes Faktum: erst am 8. April, also sieben Tage nach der Heiligenhauser Selbstständigkeit und vier Monate nach Beschluss der Trennung, wurde in der Velberter Zeitung erstmals in einer Kurzmeldung über die Trennung berichtet.