Heiligenhaus. Gaby Slotta organisiert seit vielen die „Aktion Tschernobyl“. Sie hat viele Kontakte zu Familien in Kiew und verfolgt die dortige Lage besorgt.

Mit Sorge blickt Gaby Slotta auf den Fernseher, der seit Donnerstagmorgen fast ununterbrochen läuft. Das, was sie sieht, macht sie „unendlich traurig“ – und es fällt ihr schwer, ihre Gefühle in Worte zu fassen. In Gedanken ist sie in der Ukraine – bei all den Menschen, die sie über viele Jahre hinweg kennengelernt und ins Herz geschlossen hat.

Gaby Slotta ist unter dem Dach des Deutschen Roten Kreuzes Heiligenhaus die Organisatorin der „Aktion Tschernobyl“, die seit 1991 Besuche von Kindern aus Kiew und den Dörfern der näheren Umgebung in Heiligenhaus ermöglicht. Viele Menschen aus dem Umfeld des verstrahlten Atomkraftwerks in der Ukraine, das jetzt wieder in den Schlagzeilen ist, weil russische Truppen in die Sperrzone eingedrungen sind, wurden damals nach Kiew umgesiedelt – oft in kleine, beengte Wohnungen. Und viele Familien leiden gesundheitlich noch immer unter den Nachwirkungen der Reaktor-Katastrophe im Jahr 1986.

Mehr als 500 Kinder aus der Ukraine waren zu Gast in Heiligenhaus

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Rund 500 Kinder seien im Laufe der Jahre zu Gast in Familien gewesen – viele von ihnen sind mittlerweile erwachsen und haben selbst Kinder. Auch wenn die Besuche in den letzten beiden Jahren Corona-bedingt nicht stattfinden konnten und aus dem gleichen Grund auch für dieses Jahr kein Besuch geplant war, bestehen viele Kontakte, viele Freundschaften.

Im Jahr 2017 – hier ein Archivbild – konnte Gaby Slotta noch auf 25 erfolgreiche Jahre „Aktion Tschernobyl“ zurückblicken. Nun blickt sie voller Sorge auf die Lage in Kiew und Umgebung, wo viele Familien leben, zu denen sie nach wie vor Kontakt hat.
Im Jahr 2017 – hier ein Archivbild – konnte Gaby Slotta noch auf 25 erfolgreiche Jahre „Aktion Tschernobyl“ zurückblicken. Nun blickt sie voller Sorge auf die Lage in Kiew und Umgebung, wo viele Familien leben, zu denen sie nach wie vor Kontakt hat. © FUNKE Foto Services | Heinz-Werner Rieck

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Gaby Slotta ist aktuell in Kontakt mit mehreren Familien. „Einige haben geschrieben, dass sie mit wenigen Habseligkeiten aus Kiew geflüchtet sind und Unterschlupf bei Freunden oder Verwandten außerhalb der Hauptstadt gefunden haben“, sagt Slotta. Andere hätten sich entschieden, in Kiew – ihrer Heimat – zu bleiben und notfalls in einer nahen Metro-Station Zuflucht zu suchen. „Alle schreiben, dass sie Flugzeuge und auch Explosionen gehört haben“, so Slotta weiter. Die Menschen hätten Angst – würden viel beten.

Familien aus Heiligenhaus bieten ihre Hilfe an

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Von Petra Treiber

Parallel bekommt Slotta viele Anrufe von deutschen Gastfamilien: „Einige haben angeboten, ukrainische Familien aufzunehmen, wenn diese flüchten müssen.“ Die Heiligenhauserin war selbst schon mehrfach in der Ukraine: „Die Menschen dort sind so offen und herzlich und ich hoffe, dass alle das möglichst unbeschadet überstehen.“

Den Menschen helfen

Seit 2011 befindet sich die „Aktion Tschernobyl“ unter der Schirmherrschaft des DRK Heiligenhaus.

Insgesamt unterstützt das Deutsche Rote Kreuz seit 2017 Menschen, die nahe der Kontaktlinie zu Russland leben, mit Geld. In Zusammenarbeit mit dem Ukrainischen Roten Kreuz (URK) ist ein DRK-Nothilfeexperte vor Ort in Kiew.

Um die Menschen unterstützen zu können, bittet das DRK um Spenden. Infos dazu unter www.drk.de.

Wie es ihre Art ist, würde Gaby Slotta gern aktiv helfen – nicht nur vor dem Fernseher sitzen. „Aber im Moment gibt es kaum Möglichkeiten.“ Vor Ort gesammelte Sachspenden würden die Familien wohl nicht erreichen. So muss sie sich darauf beschränken, weiter mit den Menschen zu schreiben: „Das tut vielen gut“, sagt Gaby Slotta. „So spüren sie, dass wir in Deutschland – wir hier in Heiligenhaus – sie nicht vergessen.“