Heiligenhaus. Das junge Heiligenhauser Ehepaar Birkhofer ist verzweifelt: Die Stadt hat die Duldung für ihr Haus entzogen – und verlangt einen Abriss.

Dieser Monat hat für Julia und Kilian Birkhofer schlecht begonnen: Nachdem bereits zwei Mieter wegziehen mussten, darf das Ehepaar sein Haus am Herbeckweg 1a seit dem 1. April nicht mehr bewohnen. Kein Aprilscherz, sondern eine Verfügung der Heiligenhauser Stadtverwaltung. Darüber hinaus verlangt die Bauaufsicht, das ganze Haus abzureißen.

Das Gebäude am südlichen Rand des Angertals hatte Rainer Birkhofer 2010 auf seinen Sohn Kilian überschrieben. „Wenige Monate später kam der Brief vom Bauamt“, so der angestellte Zahntechniker. „Durch die Eigentumsübertragung ist die Duldung erloschen, so teilte man es mir mit.“

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Bauaufsichtsleiterin bezeichnete Abriss als „unverhältnismäßig“

Das Haus am Herbeckweg 1a in Heiligenhaus soll laut amtlicher Verfügung der Stadt Heiligenhaus abgerissen werden.
Das Haus am Herbeckweg 1a in Heiligenhaus soll laut amtlicher Verfügung der Stadt Heiligenhaus abgerissen werden. © FUNKE Foto Services | Ulrich Bangert

Der Vater, der inzwischen wieder in Sachsen wohnt, von wo er in jungen Jahren in den Westen floh, hatte das Anwesen, zu dem zweieinhalb Hektar Weideland gehören, 1976 gekauft. „Schon damals wurde ihm gesagt, dass es keine Baugenehmigung für Erweiterungen geben würde. Aber er wollte ja auch gar nichts anbauen.“

Nach einer Renovierung hatte man sich mit dem Bauamt geeinigt, dass das Haus geduldet wird“, weiß Kilian Birkhofer und berichtet, dass die frühere Bauaufsichtsleiterin Marie-Theres van Wahsen einen Abriss als „unverhältnismäßig“ einstufte. „Die neue Amtsleiterin sieht das ganz anders“, stellt der verzweifelte Hausbesitzer fest. „Fenster seien nicht sachgemäß ausgetauscht worden und es gibt eine Brandgefahr zum Nachbargebäude“, berichtet Birkhofer und verweist auf das Entgegenkommen des Nachbarn, der bereit sei, eine Brandmauer zu errichten.

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Kreis Mettmann hat Kläranlage kürzlich erst abgenommen

Die Duldung war bislang kein Problem – das Ehepaar und der Rechtsanwalt sind verwundert, warum dies doch eins geworden ist.
Die Duldung war bislang kein Problem – das Ehepaar und der Rechtsanwalt sind verwundert, warum dies doch eins geworden ist. © FUNKE Foto Services | Ulrich Bangert

Eine weitere amtliche Auflage wurde inzwischen erfüllt: Die hauseigene Kläranlage wurde saniert. „Die ist jetzt voll biologisch und wurde vor einigen Monaten durch die Untere Wasserbehörde des Kreises abgenommen“, wundert sich Kilian Birkhofer über die unterschiedliche Vorgehensweise der amtlichen Stellen. Rechtsanwalt Christoph Pipping konnte vor dem Verwaltungsgericht im Eilverfahren nicht verhindern, dass die Nutzungsverfügung zurückgekommenen wurde. Julia Birkhofer musste mit ihrem Mann in das ehemalige Jugendzimmer im Haus ihrer Eltern in Velbert einziehen.

Jetzt geht der Anwalt vor Gericht gegen den Abriss vor. Käme es dazu, dass der Abbruchbagger anrollen muss, würde das Paar nicht nur das Haus verlieren, sondern wäre finanziell ruiniert: „Das kostet uns 70.000 Euro – das Geld haben wir nicht.“ Von dem Hobbyschafzüchter, der die Wiesen gepachtet hat, gibt es nur 500 Euro im Jahr. Christoph Pipping wundert sich, warum die Stadtverwaltung darauf beharrt, ein Gebäude, das mindestens hundert Jahre und vielleicht noch länger steht, abzureißen. „Wen stört es? Und der Brandschutz könnte auch gewährleistet werden.“ Der Anwalt hat beim Verwaltungsgericht Klage gegen die Beseitigungsverfügung eingereicht. „Ein Termin für die mündliche Verhandlung steht noch nicht fest.“

Stadt will sich vorerst nicht äußern

Der Technische Beigeordnete Andreas Sauerwein bittet auf Nachfrage der Heiligenhauser Zeitung um Verständnis, dass er vor dem Hintergrund des laufenden gerichtlichen Verfahrens zu keinen Details Stellung nehmen kann. „Die grundsätzliche Problematik besteht darin, dass Wohnen im Außenbereich ebenso wie andere bauliche Anlagen nur in Zusammenhang mit den hierfür privilegierten landwirtschaftlichen Betrieben zulässig ist. Das ergibt sich aus Paragraf 35 Baugesetzbuch. Abweichungen hiervon sind nur in engen Grenzen möglich und bedürfen auch der Abstimmung mit dem Kreis Mettmann.“

Das Haus steht mitten im Nirgendwo, und das seit weit über 100 Jahren.
Das Haus steht mitten im Nirgendwo, und das seit weit über 100 Jahren. © FUNKE Foto Services | Ulrich Bangert

Neugliederung in dem Wohnbezirk

Bis zur kommunalen Neugliederung am 1. Januar 1975 gehörte fast alle Bereiche südlich der Anger, und damit auch der Herbeckweg, zur Gemeinde Homberg-Meiersberg. Die wurde seinerzeit aufgelöst und größtenteils der Stadt Ratingen zugeordnet.