Heiligenhaus. Nach Jahren in der Opposition hofft die Heiligenhauser SPD, die Sozialpolitik wieder in den Fokus zu rücken. Heljensbad bleibt weiter Thema.

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Das altbekannte Politikermotto, das treffe auch derzeit wieder absolut zu, sind sich Ingmar Janssen und Edmund Mathey von der SPD einig. Sie beide führen seit der Kommunalwahl im letzten Jahr die Fraktion – und stehen vor vielen Herausforderungen: Die eigene Fraktion erheblich geschrumpft, langjährige Führungspersonen nicht mehr dabei, Reibereien intern und extern – doch die Sozialdemokraten sehen sich nach vielen Jahren in der Opposition endlich in der Position, etwas bewegen zu können. WAZ-Redakteurin Katrin Schmidt sprach mit Fraktionschef Ingmar Janssen und dem ersten stellvertretenden Bürgermeister und Fraktionsvize, Edmund Mathey, über die Ziele in dieser Wahlperiode.

Herr Janssen, wie beurteilen Sie den Ausgang der Kommunalwahl?

Ingmar Janssen führt die SPD-Fraktion.
Ingmar Janssen führt die SPD-Fraktion. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Ingmar Janssen: Sicherlich nicht gut. Die Prozente, die wir verloren haben, sind sicher dem Bundestrend geschuldet, aber anders als zur Bürgermeister-Wahl konnten wir wohl auch nicht die richtigen, lokalen Akzente setzen.

Das Thema Heljensbad alleine hat am Ende wohl doch nicht gereicht?

Janssen: Wir hatten ja mehr Themen als das Heljensbad, aber man muss sagen, dass uns das eher bei der Bürgermeisterwahl Rückenwind gab. Vielleicht hätten wir stärker konkrete Projekte nach vorne bringen müssen, das ist uns aber nicht gelungen. Hinterher ist man aber ja bekanntlich immer schlauer.

Mathey: Mit der Magnetschwebebahn, die wir als Wahlkampfthema eingebracht haben, sind wir auch nicht zu den Bürgern richtig durchgedrungen. Viele haben das wohl eher für Science Fiction gehalten, aber es ist alles viel einfacher machbar als man denkt.

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Ihre Ratsfraktion ist nicht nur stark geschrumpft, aber Ihre Fraktion hat auch Personal verloren: Der ehemalige Fraktionschef Peter Kramer und Axel Pollert haben beide ihre Mandate nicht angenommen. Wie kam es dazu? Gab es nach der Wahl Reibereien intern?

Janssen: Ich finde es sehr schade, dass Peter Kramer sein Mandat nicht angenommen hat, aber die Entscheidung akzeptiere ich. Es gibt sicher mehrere Gründe, woran die Verluste gelegen haben. Aber so etwas wollen wir intern regeln, es ist wie beim Fußball: Nach einer Niederlage geht man vom Platz, gesprochen wird dann in der Kabine und nicht in der Öffentlichkeit.

Mathey: Ich bedauere es auch sehr, dass beide ihr Mandat nicht angenommen haben. Wir haben aber nun viele sachliche Diskussionen geführt, an was es gelegen haben könnte – und nach der Wahl ist vor der Wahl.

Manuela Janssen.
Manuela Janssen. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Von den sechs Fraktionsmitgliedern der SPD sind drei aus einer Familie mit Ihnen, Herr Janssen, Ihrer Frau und Ihrer Tochter. Sorgt das nicht auch für Irritationen?

Janssen: Nein, wir selber gehen da locker mit um, das war ja auch nicht wirklich abzusehen, dass Jana ihren Wahlkreis direkt holen konnte. Aber wir freuen uns darüber natürlich. Viele Menschen finden das eher witzig und gut, Kritik kommt da eher von politischen Insidern.

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Mathey: Man kann ja auch einer Familie nicht vorwerfen, dass sie alle politisch aktiv werden. Und für Ingmar ist es auch gar nicht einfach, sich gegen seine Frauen durchzusetzen (lacht), also da wird nichts einfach durchgewunken.

Die Wahl hat eine interessante Konstellation hervorgebracht. Die CDU hat nicht mehr die alleinige Mehrheit und derzeit auch keinen Koalitionspartner und bedauert, dass Ihre Fraktion nicht gesprächsbereit gewesen sei.

Janssen: Die CDU muss verstehen, dass es nun andere Zeiten im Rat sind und sie nicht mehr ganz selbstverständlich alles durchwinken können. Sie müssen auch mit anderen Fraktionen reden. Nach der aus unserer Sicht erfolgreichen Wahl des ersten stellvertretenden Bürgermeisters mit Herrn Mathey blieben die Gespräche aus. Dabei haben wir doch nichts gegen die Person Heinz-Peter Schreven, es war eben eine demokratische Wahl. Doch seitdem ist die CDU untergetaucht.

Nun lief es die erste Zeit aus Ihrer Sicht ja ganz gut, auch die Zusammenarbeit mit den Grünen, der Wahl und auch der FDP. Freuen Sie sich über die Chance, jetzt selber Akzente setzen zu können?

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Jana Janssen-
Jana Janssen- © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Janssen: In der Politik gehört es dazu, Mehrheiten zu finden, und das versuchen wir jetzt mit den anderen Fraktionen. Und nach vielen Jahren in der Opposition hat man das Gefühl, jetzt endlich was bewirken zu können und Dinge angehen zu können, die für viele Menschen gut sind. Die Ziele konnten wir nicht durchsetzen in der Vergangenheit, weil die CDU dagegen war. Uns geht es deswegen jetzt nicht darum, eine Politik zu fahren, die CDU vorzuführen, sondern Inhalte nach vorne zu bringen. Aber das ist keine Koalition, sondern wir reden alle zusammen und versuchen, Mehrheiten zu finden. Eine spannende Situation.

Sprechen wir nun über Inhalte. Was sind die Ziele der SPD für die nächsten Jahre?

Edmund Mathey.
Edmund Mathey. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Wir wollen unsere großen Themen voran bringen. Das sind die Magnetschwebebahn, das ist konkret die Umsetzung des Tierfriedhofs und der Hundeauslauffläche. Wir müssen mehr Geld in die Kinder- und Jugendarbeit stecken, um präventiv arbeiten zu können. Wir müssen einfach wieder die Sozialpolitik in den Mittelpunkt stellen, Schulen und Kitas gut aufstellen und für mehr Chancengleichheit sorgen.

Aber wie sieht das konkret aus?

Janssen: Das hängt alles zusammen. Zunächst einmal brauchen wir für alle Kinder die Chancengleichheit in Betreuung und Bildung, dann muss die Jugend beschäftigt werden. Für Eltern muss es wieder die Möglichkeit geben, dass ein Vollzeitjob ausreicht, um sich um die Kinder kümmern zu können. Und ein Gehalt muss ausreichen, um die Miete zahlen zu können. Also brauchen wir auch bezahlbaren Wohnraum, die städtische Wohnungsbaugesellschaft muss endlich gegründet werden.

Mathey: Und für neuen Wohnraum sollte kein Wald abgeholzt werden. Wir haben uns für den Bürgerwald eingesetzt, damit Heiligenhaus wieder mehr Waldfläche erhält. Da wäre es doch unsinnig, auf der einen Seite aufzuforsten, um an anderer Stelle Wald wegzunehmen. Das heißt aber nicht, dass wir den Innovationspark nicht entwickeln wollen.

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Das Lieblingsthema der SPD ist immer das Heljensbad. Wie sieht es da aus?

Thomas Rickal.
Thomas Rickal. © Services

Janssen: Wir hoffen ja, mit dem ISEK Fördergelder zu erhalten. Klar ist: Wir müssen dringend etwas tun. Klar ist für uns auch: Wir wollen die Flächen erhalten. Die Bäder machen ein Defizit, aber das gehört zu einer guten Infrastruktur dazu. Was ich mich in der Diskussion immer frage: Alle wollen immer Tourismus und Tagesgäste nach Heiligenhaus holen. Wenn es aber ums Heljensbad geht, sagen alle plötzlich: Das betreiben wir ja für eine Vielzahl Nicht-Heiligenhauser. Schon seltsam.

Alle Experten sind sich einig: Das Bad ist marode, eine Renovierung alleine hilft nicht. Sie werben dafür, die Flächen zu erhalten. Wie passt das zusammen?

Janssen: Schon in den 1980er Jahren wurde gesagt, dass das Bad nicht mehr lange steht. Und es steht noch. Es ist sicherlich an vielen Stellen sanierungsbedürftig, dann muss man eben die Technik erneuern und kaputte Bereiche natürlich ebenfalls. Und wenn man etwas neu macht, kann man ja auch Wasserflächen in gleicher Größe schaffen.

Nun stehen die Haushaltsberatungen an. In der Nachbarstadt Velbert sollen jetzt die Kita-Gebühren komplett abgeschafft werden. Wäre das auch was für Heiligenhaus?

Anja Billau-Espey.
Anja Billau-Espey. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Janssen: Ich finde das eine sehr gute Idee, denn es gibt ja auch kein Schulgeld mehr. Aber in Heiligenhaus können wir uns das wirtschaftlich derzeit nicht leisten. Der Haushalt lässt nur wenig Spielraum. Und es sieht in Zukunft nicht anders aus, auch in anderen Kommunen. Da muss man langfristig über neue Grundlagen der Gemeindefinanzierung nachdenken.