Heiligenhaus. Im März hat sich die„Bürgerhilfe-Heiligenhaus“ gegründet: Viele Menschen haben sich dort organisiert, um andere in der Krise zu unterstützen.
Wenn viele an einem Strang ziehen, entwickelt sich oft eine Eigendynamik, mit der man vorher niemals hat rechnen können: Ungefähr so beschreibt Raj Kesavan, Mitorganisator des Netzwerks „Bürgerhilfe-Heiligenhaus“, das, was in den vergangenen Wochen und Monaten gemeinsam von vielen hilfsbereiten Heiligenhausern auf die Beine gestellt worden ist.
„Es ist der absolute Wahnsinn, wie viele Menschen sich über unterschiedliche Wege zusammengefunden
haben, um gemeinsam für andere in der Not da zu sein“, schwärmt der 32-Jährige. Angefangen habe alles Mitte März, mit der Idee einer Heiligenhauserin, die über Facebook ihre Hilfe beim Einkaufen angeboten hatte. Innerhalb weniger Stunden wurde ihre Seite unzählige Male „geliked“, viele schlossen sich der Idee an. Bereits einige Tage zuvor hatte der Obst- und Gemüseladen ten Eicken begonnen, Ware nach Hause zu liefern. Und dann wollten auch Raj Kesavan und sein Freund Yassin El Allaoui Gutes tun und eine Hotline ins Leben rufen, an die sich durch Corona in Not geratene Bürger wenden sollten.
Eine gemeinsame Hotline
Nachdem eine gemeinsame offizielle Telefonnummer für alle Hilfsangebote, die sich letztlich miteinander vernetzten, öffentlich gemacht worden war, meldeten sich die ersten bedürftigen Heiligenhauser. „Wir hatten eine große Whatsapp-Gruppe, darin sammelten sich alle, die ihre Hilfe anboten. Wenn ein Auftrag hereinkam, habe ich den dort veröffentlicht und innerhalb weniger Sekunden hatten sich unzählige gemeldet, die das übernehmen wollten.“
Meistens sei es um Einkäufe gegangen, manchmal darum einen Hund auszuführen, oder ein Rezept einzulösen. „Einmal meldete sich ein verzweifelter älterer Herr, der vom Krankenhaus nach Hause entlassen worden war und nun ein Pflegebett benötigte und ein Zimmer für eine Krankenschwester für die 24 Stunden-Betreuung. Er musste einiges in seiner Wohnung umstellen. Wir durften wegen der Coronapandemie nicht hinein, aber wir konnten ihm einen Krankenhaustischler vermitteln, der sich darum gekümmert hat.“
Toilettenpapier für 96-Jährige
Ganz besonders aber ist Raj Kesavan ein Einsatz in Erinnerung geblieben. „Das war zu der Zeit, als es wirklich nirgends Toilettenpapier gab. Da rief ein 75-jähriger Mann an, der auf der dringenden und verzweifelten Suche nach Klopapier für seine 96-jährige Schwiegermutter war, die täglich eine ganze Rolle verbrauchte. Wenige Zeit später standen insgesamt vier Großpackungen von verschiedenen Leuten bei der Dame vor der Tür. Wildfremde Menschen haben ihren eigenen Vorrat abgegeben, das finde ich schon beeindruckend.“
„Beste Stadt überhaupt“
Mittlerweile ist es ruhiger geworden, die Hotline wird kaum mehr genutzt, trotzdem soll sie weiter bestehen bleiben. „Es gibt immer Leute die Hilfe benötigen, auch außerhalb der Coronazeit“, weiß Raj Kesavan. Für den jungen Familienvater, der immer wieder betont, dass es sich um ein Gemeinschaftsprojekt vieler Menschen handele, bleiben zwei wichtige Erkenntnisse. „Ich habe über diese Hotline unheimlich viele Menschen kennengelernt, die mir eigentlich wildfremd sind und doch haben wir alle dasselbe Ziel verfolgt. Und: Es hat sich einmal mehr bestätigt: Heiligenhaus hält in der Not zusammen und ist einfach die allerbeste Stadt überhaupt.“
Die Hotlinenummer lautet: 0157/33147198