Heiligenhaus. Ab Montag werden auch die Heiligenhauser Gastronomen ihre Beitriebe wieder öffnen. Die Wirte haben eine schwierige Durststrecke hinter sich.
Daniel Müller steht die Erleichterung ins Gesicht geschrieben: Am kommenden Montag darf er endlich wieder das „Thum“ öffnen, nachdem er seit März keinen einzigen Gast mehr dort an den Tischen oder am Tresen hat sitzen gehabt, geschweige denn an den vielen sonnigen und warmen Apriltagen im Biergarten. „Ich habe wirklich an dem Tag, als die Entscheidung gefallen ist, ob wir wieder öffnen dürfen, mit meiner Freundin vor dem Internet gesessen und minütlich aktualisiert. Als die Nachricht kam, war das ein überwältigendes Glücksgefühl, dabei waren mir die Auflagen erstmal total egal.“
Erst im November vergangenen Jahres hatte der 29-Jährige das „Thum“ an der Hauptstraße 134 übernommen, vorher war er drei Jahre lang Pächter der Sportlertreffs. Und: Der gelernte Koch kam mit Visionen, mit Ideen, mit Tatendrang. „Ich wollte alles ein wenig umgestalten, von einer normalen Kneipe hin zu einem gastronomische Betrieb, in dem man hervorragend essen und trinken kann. Das ist mir auch gut gelungen, ich denke wir haben einen fantastischen Start hingelegt.“ So hätte 2020 also sein Jahr werden können: Sein Geschäft lief bestens an, die Hochzeit mit der Verlobten ist im August geplant und dann das: Die Coronakrise zwingt ihn und all seine gastronomischen Kollegen in die Knie, erst mit Auflagen, wenige Tage später mit der kompletten Schließung. “Ich werde das nie vergessen, ich stand in der Küche und hörte, dass wir ab dem Tag darauf schließen mussten. Das war ein echter Schlag ins Gesicht.“
Unsicherheit war das Schlimmste
Vorwürfe macht der junge Gastronom niemandem, die Notwendigkeit der Maßnahmen steht auch für ihn nicht zur Debatte. Nichtsdestotrotz fällt der Heiligenhauser ersteinmal ins Bodenlose. „Was mich fürchterlich fertig gemacht hat, ist die Tatsache, dass es kaum Informationen für unsere Branche gab. Über uns wurde kaum gesprochen, wir fühlten uns vergessen. Niemand von uns wusste, ob und wann und wie es weitergeht. Diese Unsicherheit war das Schlimmste. Daher habe ich meine Aushilfen abgemeldet, mein Koch ist jetzt in Kurzarbeit.“
Ähnlich sieht das auch Tom Karrenberg, Inhaber der „Kniffte Deli“ an der Hauptstraße 142: „Informationen kamen, wenn, dann vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, das war aber auch schon alles“, kritisiert der 49-jährige, der sich, wie Daniel Müller in den vergangenen Wochen mit dem Verkauf frisch gekochter Außer-Haus-Gerichte ein wenig über Wasser halten konnte. „Das lief zwar alles ganz gut, aber es ist nun mal so, dass man in der Gastronomie meistens den größten Umsatz mit Getränken macht“, weiß Karrenberg. „Aber ich will nicht klagen, wir hatten ja noch Glück, dass es nicht das komplette Ausgangsverbot bei uns gegeben hat.“
Soforthilfe nicht wirklich hilfreich
Beide Kneipenbesitzer haben die 9000 Euro Soforthilfe erhalten, empfinden diese aber als nicht sonderlich hilfreich. „Bei mir war es so, dass ich vorher noch die Vorsteuer leisten musste für das laufende Jahr, da gab es keine Stundung“, erklärt Daniel Müller, „mit der finanziellen Hilfe konnte ich diese Kosten dann erstmal begleichen. Jetzt ist das Geld weg und ich muss darauf ja dann auch noch Steuern bezahlen.“ Geschlafen, so sagt es der Thum-Pächter, habe er in den vergangenen Wochen, wenn überhaupt, dann nur sehr schlecht. Jetzt aber sieht er langsam ein Licht am Ende des Tunnels. „Ich habe schon für fünf Tische am Montag Vorbestellungen, da haben die Gäste zu mir gesagt: ‘Egal, wie weit wir auseinander sitzen müssen, selbst wenn wir uns anschreien – wir müssen einfach mal wieder raus.’“
Das sind die Auflagen für die Wirte
Zwischen den Tischen muss mindestens 1,5 Meter Abstand sein. Bis zu zwei Familien an einem Tisch sind erlaubt. Gästen werden feste Tischen zugewiesen, Namen müssen registriert werden. Gäste am Tresen sind nicht erlaubt, offene Buffets dürfen nicht errichtet werden.
Der Hotel-und Gaststättenverband (Dehoga ) schätzt, dass die Wirte zwischen 50 und 80 Prozent unter den gewohnten Umsätzen bleiben werden. Trotzdem zeigt sich die Dehoga zufrieden mit den nun ab kommenden Montag geplanten Öffnungsmöglichkeiten.
Der junge Wirt lächelt, irgendwie, so glaubt er, wird letztlich alles gut. „Ich habe in der Krise gesehen, wer mir zur Seite steht, wer zu mir gekommen ist und mir auf die Schulter geklopft und Mut zugesprochen hat. Das hat eine großen Wert, das ist eine wichtige Erkenntnis, die ich aus der Coronazeit mitnehme. Und außerdem: Ich heirate am 15. August meine große Liebe. Was soll da denn jetzt eigentlich noch schief gehen?“