Heiligenhaus. Mangamädchen und Pokémontierchen gehören zu den klassischen Figuren in der japanischen Comicszene. Alexandra Völker kennt sich aus damit.

Auf dem Tisch im Lesesaal der Stadtbücherei liegen zahlreiche Stifte in allen Farben, Manga-Buttons und Manga-Bücher: drum herum sitzen acht Jugendliche und zeichnen konzentriert Comicfiguren. Angeleitet werden sie beim Manga-Workshop im Rahmen des Kulturrucksacks von Alexandra Völker. Die Mangabuchautorin gehört in Deutschland zu den bekanntesten ihrer Zunft.

Viele der Manga-Buttons sind bereits fertig, sie zeigen gelbe Pikachus – eine Art Pokémonfigur – oder ein japanisches Nudelgericht. Die Nachwuchsmangaka waren fleißig. „Das ist großartig, wie toll die Jugendlichen zeichnen“, freut sich Alexandra Völker, „wir brauchen in Deutschland unbedingt junge kreativen Mangazeichner.

Aktive Mangaszene in Deutschland seit zehn bis 15 Jahren

Eine junge Workshopteilnehmerin in der Stadtbücherei Heiligenhaus probiert sich an einem klassischen Manga aus
Eine junge Workshopteilnehmerin in der Stadtbücherei Heiligenhaus probiert sich an einem klassischen Manga aus © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Erst seit zehn bis 15 Jahren existiere überhaupt eine entsprechende Szene im Land, die Leser allerdings seien zahlreich und die entsprechenden Messen auch. „Die Abbruchquote bei den Zeichnern ist leider hoch, viele hören nach einem Band auf“ weiß Völker, die „aktuell vielleicht zehn Zeichner in Deutschland“ sieht, die regelmäßig Werke veröffentlichen. Zeichnerinnen trifft es übrigens besser, denn „im Gegensatz zu Comics, bei denen zu 90 Prozent Männer zeichnen, sind es bei Mangas zu 90 Prozent Frauen“. Woran das liegt, kann Völker, die selbst schon sechs eigene Bücher in den Regalen stehen hat, nur ahnen: „Vielleicht sind die niedlichen Figuren mit den großen Augen den Männern zu verkitscht“, schmunzelt die selbstständige Designerin und Illustratorin, die im Jahr rund 80 Tage für Mangakurse aufwendet.

Japan ist (natürlich) das Lieblingsreiseland der Mangazeichnerin

Der kleine Trupp stetig tätiger Zeichnerinnen allerdings kennt und versteht sich, geht sogar gemeinsam auf Reisen. Wohin ist keine Frage – nach Japan natürlich, ins Ursprungsland der Mangas. „Dieses Jahr waren wir zu fünft, haben erst ein Kulturprogramm mit Tempeln und Museen absolviert und waren dann in Tokio zum Einkaufen“, erinnert sich die Künstlerin. In erster Linie für Zubehör für ihre Leidenschaft natürlich: spezielles Malzubehör und riesige Plüschpokemons, die Völker zu Kursen begleiten dürfen. Dabei mangelt es der 33-Jährigen auch nicht an Stiften, zwischen 500 und 700 liegen allein in diesem Moment auf den Tischen. „Und im Auto habe ich fast noch einmal so viele“, berichtet Alexandra Völker lächelnd, „und zuhause sogar genug Material für 200 Kinder. Das Schlimmste wäre doch, wenn nicht jedes Kind genug Material hat.“

Die Comiczeichnerin hat an der Folkwang-Hochschule studiert

Was Mangas auszeichnet

Der kostenlose Manga Workshop wurde im Rahmen des Heiligenhauser Kulturrucksacks angeboten. An dessen Veranstaltungen können Zehn- bis 14-Jährige teilnehmen.

Mangas sind japanische, handlungsreiche Comics, die man von rechts nach links liest. Das Buch wird also auf der letzten Seite begonnen und endet auf der ersten.

Mangas sind durch besondere grafische Effekte gekennzeichnet, ihre Wurzeln reichen bis ins Mittelalter.

Sie selbst war etwa zehn oder elf Jahre, als sie ihre Leidenschaft für Mangas entdeckte. Als großer Sailermoon-Fan zeichnete sie zunächst Geschichten mit der bekannten Heldin, dachte sich aber schon kurze Zeit später eigene Protagonisten aus. „Ich habe bei ganz vielen Malwettbewerben mitgemacht, weil ich die Preise so toll fand“, erinnert sich Völker grinsend. Studiert hat sie dann Kommunikation und Kunst- und Design-Wissenschaften an der Folkwang-Hochschule in Essen. „An einer Seite für ein Buch arbeite ich schätzungsweise zwölf bis 16 Stunden, für mein aktuelles Buch mit 51 Seiten habe ich insgesamt drei Monate gebraucht“, berichtet die energiegeladene Frau, die es liebt, mit Kindern zu arbeiten. Sei es an Mangas, an Traumfängern oder an riesigen Sonnenblumen im Stile van Goghs.

Umgekehrt scheint es auch an Interesse an ihren Workshops nicht zu mangeln, gleich mehrere ihrer aktuellen Teilnehmer sind schon in einem vorigen Kurs gewesen. Und haben in der Zwischenzeit sogar geübt: die Zukunft der Mangaka in Deutschland sieht recht rosig aus.