Heiligenhaus. Regelmäßig werden herumirrende kleine Kinder von Badmitarbeitern aufgegriffen. Das Heljensbad kämpft nun verstärkt um deren Sicherheit.
Es ist ein Problem, dass immer größere Wellen schlägt: Kleine Kinder, die in Schwimmbädern ohne Schwimmflügel umherirren. Für große Aufregung sorgte zuletzt im Heljensbad, dass Mitarbeiter ein vierjähriges Kind aufgegriffen haben und dessen Eltern ganze 40 Minuten suchen mussten. Außerdem wurde es gar nicht vermisst. Der darauffolgende eindringliche Appell des Heljensbads habe im Internet gut 100.000 Menschen erreicht, sagt Badleiter Holger Brembeck und ergänzt: „Wir beobachten eine gewisse Sorglosigkeit von Eltern kleiner Kinder.“ Dagegen will er nun verstärkt ankämpfen – und so womöglich Leben retten.
„Kinder sterben einen stillen Ertrinkungstod“, weiß Brembeck. „Das geht lautlos, in ein paar Sekunden ist alles vorbei.“ Durch eine Schockstarre würden es die Ertrinkenden gar nicht erst schaffen, um Hilfe zu schreien. Daher sei das Nichtschwimmerbecken auch das gefährlichere – insbesondere, weil viele Kinder inzwischen gar keine Schwimmflügel mehr tragen würden. „Wir setzen dort mehr Personal ein, weil Eltern die Gefahr gnadenlos unterschätzen“, ergänzt Dominic Gerstendorf, geprüfter Meister für Bäderbetriebe. Dagegen müsse man im Schwimmerbecken meist nur für Ordnung sorgen.
Schwimmflügelpflicht für junge Nichtschwimmer
Wie groß die Gefahr wirklich ist, zeigen aktuelle Todesfälle in Lippstadt oder Gelsenkirchen. Und auch in hat es in der Vergangenheit Todesfälle zu beklagen gegeben wie etwa 2010, als ein sechsjähriger Junge ertrank.
Damit keine weitere Tragödie passiert, verleiht das Heljensbad kostenlos Schwimmflügel. Zudem weist es mit mehrsprachigen Plakaten und Piktogrammen auf die bestehende Pflicht hin, solche Hilfsmittel zu tragen. „Es gibt wirklich keinen Grund, einem Kind, das nicht schwimmen kann, keine Schwimmflügel anzuziehen“, betont Gerstendorf. Dass man Kinder genauso gut auf aufblasbare Reifen setzen könne, sei dagegen ein weit verbreiteter Irrglaube. „Allein diesen Sommer hatten wir deswegen schon fünf Einsätze.“
Nur zehn Sekunden bis zur Schockstarre
Unverständnis werde auch den Mitarbeitern entgegengebracht, so Gerstendorf weiter, wenn sie Eltern darauf aufmerksam machten, dass sie ihre Kinder im Auge behalten sollten, statt aufs Handy zu starren. „Wir werden deswegen sogar angepöbelt.“ Doch Kinder könnten schon nach zehn Sekunden in Schockstarre fallen und ertrinken. Ohnehin seien Bademeister kein Ersatz für eine Aufsichtsperson. „Die Eltern sind da, um auf ihre Kinder aufzupassen. Und wir unterstützen sie dabei.“
Doch an einem Hochbetriebstag kämen insgesamt bis zu 6000 Menschen ins Freibad an die Selbecker Straße und derzeit vermehrt Familien mit vielen Kindern. Teilweise seien dann 400 Badegäste gleichzeitig im Wasser. „Eine Mutter mit fünf Kindern kann dann nicht gleichzeitig alle im Auge behalten“, sagt Holger Brembeck.
Alle Badegäste sollen auch Rettungsschwimmer sein
Daher appelliert er nicht nur eindringlich, Schwimmflügel zu tragen. Er ruft zudem alle Badegäste, die schwimmen können, dazu auf, sich auch als Rettungsschwimmer zu sehen. „Wir sind auf diese Hilfe angewiesen.“ Dabei sei das Freibad „personell gut ausgestattet“, mindestens sechs Mitarbeiter beobachten insgesamt die beiden Becken, hinzu kommt oft noch Brembeck selbst.
Immer weniger Kinder lernen schwimmen
Die Gefahr tödlicher Badeunfälle besteht seiner Ansicht nach in allen deutschen Freibädern, und das Problem könnte wachsen. „Sechzig Prozent der Kinder unter zehn Jahren können nicht schwimmen oder sich im Wasser sicher bewegen“, betont Brembeck. „Das ist eine neue Herausforderung.“
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Dem tritt das Heljensbad entgegen, indem es regelmäßig Schwimmkurse anbietet, die nächsten wieder im September. „Jedes Kind in Deutschland sollte schwimmen können, das ist ein elementares Grundrecht.“ Daher solle der Schwimmunterricht im Heljensbad auch niemals am Geld scheitern – auch dank eines Förderprogramms für arme Familien.
„Mit unserer Kampagne können wir nicht alle erreichen“, meint da Badleiter Holger Brembeck, „aber wenn es nur bei einigen gelingt, ist schon viel gewonnen.“