Heiligenhaus. . Beim nächsten Jugendhilfetag geht es um Familien mit psychisch kranken Eltern. Lehrer, Erzieher und Fachkräfte tauschen sich am Samstag aus.

Kinder mit psychisch erkrankten Eltern sind oft auffällig, sie übernehmen schon früh viel Verantwortung in der Familie, machen sich Sorgen um ihre Eltern, verstehen deren krankhaftes Verhalten nicht und geben sich dafür oft selbst die Schuld. Diese Kinder und Familien nimmt jetzt der nächste Jugendhilfetag der Stadt Heiligenhaus in den Blick.

Rund 4,75 Millionen Kinder leben in Deutschland mit mindestens einem psychisch kranken Elternteil, so Jugenddezernent Thomas Langmesser. Auch in Heiligenhaus seien „die schwierigsten Fälle die, in denen psychisch kranke Eltern eine Rolle spielen“, und auch ganz junge Kinder seien bereits betroffen, weil die Bindung zu Mutter und Vater wichtige Weichen für die spätere Entwicklung stellt.

Mehr als 90 Fachkräfte kommen am Samstag

Der Jugendhilfetag am Samstag, 19. Januar, in der Mensa der Gesamtschule dient nun über 90 Erziehern, Tagespflegemüttern, Lehrern und Fachkräften der Jugendhilfe aus dem Kreis dazu, sich zu vernetzen und auf die Hilfsangebote in Heiligenhaus und der Region hinzuweisen. Es gibt Fachvorträge, Infostände, einen Kurzfilm und vorab ein Theaterstück als Impuls.

Zum Jugendhilfetag kommen immer viele Fachkräfte
Zum Jugendhilfetag kommen immer viele Fachkräfte © Uwe Möller

Den Organisatoren geht es allerdings auch darum, Fachkräfte für die Problematik zu sensibilisieren. „Es ist aber wichtig, dass die Hilfe in der Familie selbst ankommt“, sagt Dörte Jeß von der Gemeinnützigen Sozialpsychiatrischen Gesellschaft Niederberg (SGN), ein Kooperationspartner neben dem Kreis Mettmann. Doch für Betroffene sei es bereits eine große Hilfe, zu wissen, an wen man sich wenden kann, „ohne gleich einen Riesenapparat in Gang zu setzen“.

Ohnehin ist das Thema psychische Erkrankungen mit Scham besetzt; betroffene Eltern oder deren Kinder sprechen nur selten über die Krankheiten und die Probleme, die sie mit sich bringen – ähnlich wie bei Familien mit alkohol- oder drogensüchtigen Eltern.

Viele Betroffene schämen sich

Auch dort setzt der diesjährige Jugendhilfetag an, er will die Probleme der Betroffenen enttabuisieren. So soll etwa durch die Hilfsangebote der Stadt den Eltern die Angst davor genommen werden, sich beraten zu lassen. Zumal es auch anonyme Beratung gibt, und das Jugendamt weiß, dass Kinder auf ihre kranken Eltern durchaus stabilisierend wirken. „Die Kinder haben oft keine Kindheit mehr“, sagt die Leiterin der Jugendpflege, Almuth Schildmann-Brack, und seien mit dem Verhalten der Eltern und mit der Verantwortung, die sie gezwungenermaßen übernehmen, überfordert.

Daher heißt dieser Netzwerktag zweideutig „Ver-rückte Kindheit“, doch es geht auch darum, was betroffene Kinder stark macht, was sie widerstandsfähig macht und welche Maßnahmen sie auf ihrem Weg in die Selbständigkeit unterstützen. Ob Lehrer oder Jugendbetreuer eines Sportvereins, wer mit Kindern und Jugendlichen arbeitet und sich auskennt, kann mögliche Anzeichen für Probleme mit psychisch kranken Eltern erkennen. Das kann ein 15-jähriges Mädchen sein, das ihre kleinen Geschwister immer über Monate zur Schule oder zum Training bringt, oder Kinder, die Freunde nicht zu sich nach Hause einladen wollen.

Gedacht ist der Jugendhilfetag daher längst nicht nur für Experten, sondern für alle Interessierten, die mit betroffenen Kindern zu tun haben oder die darauf vorbereitet sein wollen.

>>> ELFTE AUFLAGE DER FACHTAGUNG

  • Die Fachtagung beginnt am Samstag, 19. Januar, um 9.30 Uhr in der Mensa der Gesamtschule, Hülsbecker Straße 5, und endet gegen 14 Uhr.
  • Referenten sind Prof. Dr. Albert Lenz vom Institut für Gesundheitsforschung und Soziale Psychiatrie der Katholischen Hochschule NRW (10.30 Uhr) und Dr. Ulrike Bowi (12.45 Uhr) vom Sozialpsychiatrischen Dienst des Kreisgesundheitsamts.
  • Die Teilnahme an der elften Auflage des Jugendhilfetags kostet zehn Euro. Anmeldung: Gabriele Rücker, 02056/ 13289; g.ruecker@heiligenhaus.de