Heiligenhaus. . Zwei Schiedsleute hat Heiligenhaus. Sie schlichten Streitigkeiten schneller und günstiger als vor Gericht. Damit entlasten sie die Richter.
Horst Hendele und Birgit Lambers engagieren sich in ihrer Freizeit, um die Justiz zu entlasten. Sie sind die beiden Schiedsleute für Heiligenhaus. Insbesondere mit dem Nachbarschaftsrecht beschäftigen sie sich. Bevor man mit einer Privatklage wegen Beleidigungen, Hausfriedensbruch sowie wegen Sachbeschädigung oder leichter Körperverletzung vor einen Richter tritt, ist ein Besuch bei einem Schiedsmann oder einer Schiedsfrau sogar vorgeschrieben. Das ist mit einer Gebühr von gut 50 Euro zudem deutlich günstiger als ein Gerichtsverfahren.
Ersatzrichter sind die Schiedsleute allerdings nicht, sondern vielmehr Schlichter. „Uns geht es nicht darum, wer Recht hat und wer Unrecht hat“, sagt Lambers, und Hendele ergänzt: „Bei uns gibt es keine Gewinner und keinen Verlierer, denn wir wollen eine gemeinsame Lösung.“ Eingeschaltet werden sie immer vom Antragsteller, der sie zunächst einseitig über den Streitfall informiert. Wenn sich also die Beteiligten mit den Schiedsleute zusammensetzen, gehe es erstmal darum, die andere Seite des Konflikts zu hören.
Rechtswirksame Einigungen
„Um Grenzverläufe kloppen sich besonders viele Leute“, sagt Birgit Lambers. Doch es gehe auch um Grillgeruch im Sommer, so Hendele, oder um Lärmbelästigung, „weil die Nachbarn oft laute Musik hören oder mit Stöckelschuhen über Laminat laufen.“ Wenn Hecken, Baumwurzeln und -kronen wuchern oder bei Beleidigungen sei man bei einem Schiedsverfahren aber genauso richtig. Diese offiziellen Einigungen, die bei den Verfahren erzielt werden, „haben eine hohe rechtliche Relevanz“, weiß Horst Hendele, denn damit habe man einen „vollstreckbaren Titel“.
Daher müsse auch formuliert werden, welche Konsequenzen entstehen, wenn man sich nicht daran hält – etwa eine Geldstrafe. Viele Menschen kommen deshalb mit ihren Anwälten zu den Terminen. Das könne manchmal das Gespräch stören, insbesondere wenn die Anwälte und ihre Mandanten wollen, dass ein Schiedstermin scheitert. Erst dann dürfen sie nämlich mit Privatstreitigkeiten vor Gericht ziehen. „Wir lassen uns aber nicht die Butter vom Brot nehmen. Wann einer meiner Termine gescheitert ist, das entscheide ich“, sagt Lambers. Juristen könnten andererseits gut beurteilen, ob ein Vergleich wasserdicht ist.
Stundenlange Verhandlungen
Seit 14 Jahren ist Horst Hendele nun schon Schiedsmann und Lambers seit vier Jahren Schiedsfrau; sie wissen, dass viele Verfahren um vermeintlich Lapidares geht, um einen Baum, der Nachbars Garten die Sonne stiehlt oder um Beleidigungen, die unter die Gürtellinie gehen. Für die Betroffenen seien das oft keine Kleinigkeiten. Gleichwohl gehe es manchmal einfach ums Prinzip, so der Schiedsmann, und viele Streitigkeiten hätten eine lange Vorgeschichte. „Und wenn es am Ende um eine Entschuldigung, einen Handschlag und 20 Euro für die Kollekte der Kirche geht“, sagt Hendele. Solch einem Ergebnis können aber auch stundenlange Verhandlungen und mehrere Termine vorausgehen. Doch es lohnt sich, findet Lambers. „Ich finde toll, wenn ich dazu beitragen kann, dass Menschen nicht vor Gericht landen und in gutem Kontakt bleiben.“
Das gelinge bei einem Großteil der Schiedsverfahren. Selbst wenn die Fälle verzwickt sind, bei Stalking, sexueller Nötigung oder wenn bei einer Prügelei Aussagen gegen Aussage steht. Solange die Streitparteien miteinander reden, sei bereits viel gewonnen. „Man muss zuhören können und sich Zeit nehmen“, lautet ein Erfolgsrezept von Horst Hendele.
Die Schiedsleute müssen dafür nicht nur neutral sein, sie sind auch zur Verschwiegenheit verpflichtet. Horst Hendele opfert gerne seine Freizeit, damit andere Menschen friedlich zusammenzuleben. Er ist überzeugt: „Für viele Fälle brauchen wir in Heiligenhaus gar keine Richter.“ Ein Schiedsmann oder eine Schiedsfrau reiche völlig.
>>> Heiligenhaus hat zwei Schiedsbezirke
- Schiedspersonen sind keine Juristen, werden aber für ihre jeweils fünfjährige Amtszeit fortgebildet. Horst Hendele arbeitet in einer Behörde, Birgit Lambers ist Therapeutin. Sie wurden vom Stadtrat Heiligenhaus gewählt und vom Amtsgericht Velbert bestätigt.
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Zwei Schiedsbezirke gibt es in Heiligenhaus, der erste umfasst die Heide, Hetterscheidt, das Neubaugebiet Dümgesweg, Tüschen, den oberen Innenstadtbereich und das Malerviertel. Seine Schiedsfrau ist Birgit Lambers. Zum Bezirk von Horst Hendele gehören die Unterilp, Oberilp, Wassermangel, der Nonnenbruch, Isenbügel sowie der untere Innenstadtbereich.
- Zuständig ist immer der Schiedsbezirk des Antragsgegners, auch städteübergreifend.
- Weitere Infos gibt’s beim Amtsgericht Velbert.