Heiligenhaus. . Für “Heiligenhaus aus der Sicht von...“ blickt Andreas Piorek auf seine Wahlheimat. Seit knapp 37 Jahren lebt der Langenberger in Heljens.

  • Bezirkspolizist Andreas Piorek lebt seit knapp 37 Jahren in Heiligenhaus und kennt dort jede Ecke
  • „Wir haben ein sehr ruhiges Pflaster“, lobt er und findet die dörfliche Struktur sehr angenehm
  • Er schätzt Heljens sehr, findet aber etwa unschön, dass sich das Ghetto-Image der Oberilp hartnäckig hält

Ihn kennt in Heiligenhaus fast jeder – selbst wenn Bezirkspolizist Andreas Piorek nicht seine Uniform trägt, wird er auf der Straße angesprochen. Seit knapp 37 Jahren lebt er schon hier, sagt jedoch noch immer: „Ich bin Langenberger.“ Ecken, die er in Heljens nicht kennt, gebe es aber keine mehr. So hat er seinen Wohnort längst schätzen gelernt und ist in vielen Vereinen aktiv, etwa beim Niederbergischen Fahrrad-Club (NFCH) oder beim Bürgerbus.

„Die Leute nehmen hier Kleinigkeiten wahr, die anderswo gar keine Beachtung finden“, Bezirkspolizist Andreas Piorek hat Heiligenhaus schätzen gelernt.
„Die Leute nehmen hier Kleinigkeiten wahr, die anderswo gar keine Beachtung finden“, Bezirkspolizist Andreas Piorek hat Heiligenhaus schätzen gelernt. © Heinz-Werner Rieck

Erkundet hat er die Stadt bereits mit 21 Jahren „auf dem Schlachtfeld der Straße“, im Streifendienst. „Heiligenhaus ist nicht das Dorf der Glückseligkeit. Alles, was es an menschlichem Elend gibt, haben wir hier auch“, sagt Piorek, ergänzt jedoch sofort: „Wir haben hier ein sehr ruhiges Pflaster.“ Woran das liegt, das weiß der 57-Jährige ganz genau: an den Menschen. „Die Leute sind eben sehr viel geschmeidiger als irgendwo anders.“

Keine Krawallmacher, Trinkerszene oder Hooligans

Heljens habe keine Krawallmacher, keine Trinkerszene, keine Hooligans, und große Feste laufen besonders friedlich ab. Wenn es eine Veranstaltung gebe, werde sie zumeist auch sehr gut angenommen. Selbst mit zigtausenden Feiernden gebe es keine Randale. So sorgte Piorek nur mit wenigen Kollegen auf dem Stadtfest für Ordnung. Woanders, vor allem in Großstädten, wären manche derartige Sausen von einer Hundertschaft begleitet worden. Zwar schlagen auch Einbrecherbanden in Heiligenhaus zu, doch diese kämen von außerhalb.

Besonders beeindruckt hat Piorek jedoch der Nelkensamstagszug im vergangenen Jahr. Seit 1984 gab es davor keinen Karnevalsumzug mehr. „Ich habe die Stadt noch nie so voll gesehen.“

Manchmal wundert er sich über seine Mitmenschen

Dass seinen Nachbarn ihre Heimat am Herzen liegt, merkt er täglich. „Die Leute nehmen hier Kleinigkeiten wahr, die anderswo gar keine Beachtung finden.“ Dennoch wundert er sich selbst nach fast vier Jahrzehnten immer noch ab und zu über seine Mitmenschen. So sei für sie ihre Stadt in der Nähe von Düsseldorf und gefühlt weit weg vom Ruhrgebiet. „Für mich ist Heiligenhaus aber immer südlich von Essen“, weil sich die Langenberger am Revier orientierten.

Den Vergleich zu den nahen Großstädten müsse Heljens mit gut 27 000 Einwohnern jedoch gar nicht scheuen. Denn gerade die dörfliche Struktur mag Andreas Piorek und hält die Lage zu den größeren Nachbarstädten für ideal. Dass in den vergangenen Jahren viele Menschen ihre Arbeit verloren haben, findet er natürlich schade, doch Heiligenhaus habe das Beste daraus gemacht, obwohl viele Firmen fortgegangen seien.

Eine bunt gemischte Stadt ohne Parallelgesellschaften

Die Hauptstraße etwa sei längst nicht mehr nur eine Verkehrsader, „inzwischen kaufen die Leute dort nicht bloß nur noch schnell ein, sie verweilen dort gerne“. Dazu trage auch der Feierabendmarkt bei, den der Exil-Langenberger richtig schön findet. „Wir sind mittlerweile von einer Arbeiterstadt zu einer tollen Wohnstadt geworden.“

Unschön findet er dagegen, dass sich viele alte Vorurteile halten. „Der Oberilp haftet immer noch ein schlimmes Ghetto-Image an, doch sie ist natürlich nicht die Bronx.“ Der Ortsteil habe sich gewandelt, sei nicht mehr das Problemviertel wie in den 80ern. „Die Oberilp ist jetzt ein ganz ruhiges Wohngebiet mit bunt gemischten Einwohnern.“

Sein Lieblingsort liegt nicht in Heiligenhaus

Ohnehin habe Heiligenhaus einen relativ hohen Ausländeranteil, „aber das führt nur minimal zu Konflikten.“ Parallelgesellschaften gebe es hier nicht, weiß der Polizist. Dafür lobt er, wie die verschiedenen Kulturen über Generationen zusammengewachsen sind. „Deutsche Jugendliche gehen hier zum Beispiel ganz selbstverständlich in eine türkische Shisha-Bar.“ Weil die Jugend unabhängig von der Herkunft bereits im Kindergarten gemeinsam aufgewachsen sei.

Ja, Andreas Piorek, der Bezirkspolizist, Bürgerbusfahrer und Fahrrad-Enthusiast hat Heiligenhaus schätzen gelernt und lebt gerne hier. Doch sein Lieblingsort liegt außerhalb, in seiner Heimat: der Pollen, ein Bergrücken in Langenberg. „Dort oben kann man das ganze Ruhrgebiet und das bergische Land sehen. Da könnte ich mich dumm und dusselig gucken.“ Das macht er auch ab und zu, wenn er nicht gerade als Polizist in Heiligenhaus nach dem Rechten sieht.