Heiligenhaus. . Gegen fade Salate und Suppen ist in den Wäldern viel Kraut gewachsen. Doch viele Wildpflanzen haben einen schlechten Ruf – zu Unrecht.

  • Wer mit offenen Augen durch Heiligenhaus läuft, kann viele Wildkräuter am Wegesrand entdecken
  • Viele davon lassen sich wunderbar zum Essen zubereiten und haben auch ein sehr intensives Aroma
  • Der Stadtförster Hannes Johannsen gibt gute Tipps, wie die Kräuter am besten verwendet werden

Bei Klette, Girsch und Brennnessel denkt wohl kaum einer an kulinarische Genüsse. Was die meisten Hobbygärtner aus ihrem Garten verbannen möchten, sorgt bei Wildkräuter-Kennern jedoch für Freude. Denn das würzige Aroma der landläufig als Unkraut bekannten Pflanzen bringt Geschmack in Salat und Suppe. Auch in den heimischen Wäldern wachsen jede Menge würzige Wildkräuter.

Knoblauchsrauke eignet sich zum Verfeinern von Salat

So wie die Knoblauchsrauke etwa. „Als Gewürzkraut eignet sie sich zum Verfeinern von Salat“, erklärt Förster Hannes Johannsen. Er zupft ein Blatt von der weiß-blühenden Pflanze und zerreibt es zwischen den Fingern. Und jetzt riecht man auch, woher der Name des Krautes rührt. „Viele Pflanzennamen sagen uns etwas über die einstige Verwendung“, sagt Johannsen.

So sieht Bärlauch aus, wenn er geschnitten und zum Würzen verwendet werden kann.
So sieht Bärlauch aus, wenn er geschnitten und zum Würzen verwendet werden kann. © Heinz-Werner Rieck

Ein Beispiel dafür wächst nur weniger Meter hinter dem Umweltbildungszentrum an der Abtskücher Straße: das Scharbocks- oder Skorbutkraut. Es blüht besonders früh im Jahr, war für die Menschen früherer Jahrhunderte nach dem kargen Winter willkommener Vitamin C-Spender und damit auch Mittel gegen die Vitaminmangel-Erkrankung Skorbut.

Gundelrebe schmeckt in Schokolade getunkt wie After Eight

Wie viele andere Wildkräuter auch, sollte man das Skorbutkraut mit den hufeisenförmigen Blättern nach der Blütezeit nicht mehr verzehren. „Viele Pflanzen sind dann nicht mehr so verträglich“, erklärt der Stadtförster. Nur wenige Schritte weiter erspäht der Naturexperte die lilafarbene Blüte der Gundelrebe. Die minzartigen Blätter könne man mit Schokolade überziehen. „Das schmeckt wie After Eight.“

Viele Kräuter sind nicht nur natürliche Geschmacksverstärker, sie verraten dem Förster auch wichtige Details über die Bodenbeschaffenheit. Dass der Untergrund am Tor zum Mönchsiepen besonders gut mit Wasser und Nährstoffen versorgt wird, beweist der Waldziest. „Hier findet man echten Turboboden, in dem man vieles anpflanzen könnte“, erklärt Hannes Johannsen. Die Brennnessel beispielsweise ist ein Stickstoffanzeiger. Wo sie wächst, ist der Boden besonders stickstoffhaltig.

Wer diese Pflanze entdeckt, sollte die Finger von ihr lassen. Denn es handelt sich um den Aronstab, der giftig ist.
Wer diese Pflanze entdeckt, sollte die Finger von ihr lassen. Denn es handelt sich um den Aronstab, der giftig ist. © Heinz-Werner Rieck

Bei Brennnesseln ist zunächst kräftiges Schnibbeln nötig

Dass man aus der Pflanze einen Tee aufbrühen kann, ist vielen Menschen bekannt. Förster Hannes Johannsen kocht daraus auch Suppe. Dazu nehme man ein Rezept für eine Brokkoli-Cremesuppe und ersetze den Brokkoli durch Brennnessel. Auch als Würzkraut für Salate eigne sich die Heilpflanze mit dem schlechten Ruf.

Bekannt und unbeliebt sind die Brennnesseln nämlich wegen der schmerzhaften Quaddeln, die auf der Haut nach Berührung der feinen Brennhaare entstehen. Wer Salat oder Quark mit Brennnesseln verfeinern möchte, muss deshalb kräftig schnibbeln und häckseln. Denn so werden die kleinen Härchen unschädlich gemacht.

Bärlauch hat sich einen Namen gemacht

Einen guten Namen hat sich in den vergangenen Jahren ein Wildkraut gemacht, das man auch in Heiligenhaus an vielen feuchten Ecken finden und für den Eigenverbrauch verwenden kann. Es ist der Bärlauch, der büschel- oder teppichartig wächst und sich beispielsweise gut zu Pesto oder Suppe verarbeiten lässt. Bereits ab Mitte März reckt das Wildgemüse seine länglichen Blätter in die Frühlingsluft – und inzwischen stehen die Büschel in weißer Blüte, erläutert Förster Hannes Johannsen.

Die Goldnessel kann medizinisch genutzt werden.
Die Goldnessel kann medizinisch genutzt werden. © Heinz-Werner Rieck

Weniger geschätzt als der Bärlauch ist der Girsch. „Völlig zu Unrecht“, findet Johannsen. Denn der Duft der zerriebenen Blätter erinnert an Möhren. „Girsch eignet sich gut für Salat“, empfiehlt er. Wilden Schnittlauch findet man unter der Kastanie, die auf der Wiese vor den Stadtwerken thront. Johannsen schneidet einige der feinen Stängel ab und legt sie in einen Korb zu Klette, Girsch und Brennnessel. Fein gehackt auf einem Brot ist das eine ziemlich schmackhafte Belohnung für einen Waldspaziergang.

Kräuter dürfen nur für den Eigenbedarf verwendet werden

Wer im Wald auf Wildgemüse-Suche geht, sollte ein paar einfache Regeln beachten: So dürfen Kräuter nur für den Eigenbedarf, für den sofortigen Verbrauch und in kleinen Mengen gesammelt werden. „Und bitte immer eine Schere mitnehmen“, rät Förster Johannsen. Denn beim Pflücken der Blätter oder Stängel reiße man oft versehentlich die ganze Wurzel aus dem Erdreich.

Gar keine Pflanzen sammeln darf man hingegen beispielsweise im Naturschutzgebiet Paradies. In Landschaftsschutzgebieten wie dem Bereich Mönchssiepen hingegen, ist die Kräutersuche erlaubt. Wer sich mit Kräutern aus den heimischen Wäldern eingedeckt hat, sollte es auf keinen Fall versäumen, das wilde Gemüse vor dem Verzehr gründlich zu waschen. Nicht alle Pflanzen, die im Wald wachsen sind übrigens genießbar. Manche sollte man noch nicht einmal berühren. Der Aronstab etwa, der eine kolbenartige, bräunliche Blüte bildet, ist sehr giftig. Andere Pflanzen sind geschützt.

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  • Zutaten: 1 Bund grüner Spargel, 1 Hand Wildkräuter der Saison (z.B. Knoblauchsrauke, Bärlauch Brunnenkresse, Girsch),1 Zwiebel, Saft von einer halben Zitrone, Wasser, Butter
  • Zubereitung: Einen Schnellkochtopf oder Topf mit Bambusgarer zwei Finger hoch mit Wasser befüllen. Anschließend die Zwiebel zerschneiden und gemeinsam mit der Zitrone ins Wasser geben.
  • Die harten Enden des Spargels entfernen und ihn auf einem Bett aus Wildkräutern im Topfeinsatz oder der Bambusgarer-Etage bei geöffnetem Topf-Deckel dampfgaren. Mit Butter und Beilagen servieren.