Hattingen. Im Stadtteil-Check erhält Bredenscheid die Gesamtnote 1,9, in den Einzelkategorien aber oft sehr schlechte Noten. Bürger fühlen sich vergessen.

Die 97 Bredenscheider Bürger, die am Stadtteil-Check der WAZ teilgenommen haben, geben ihrem Ortsteil die Gesamtnote 1,9 - das ist Platz vier unter (von neun). Die Schulnote Gut plus verwundert indes, wenn man die Bewertung in den Einzelkategorien betrachtet. In diesen nämlich schneidet Bredenscheid oft sehr schlecht ab. Die medizinische Versorgung oder die Einkaufsmöglichkeiten etwa bewerten die Bürger beinahe mit ungenügend. Wie geht das zusammen? Dies hat die WAZ in persönlichen Vor-Ort-Gesprächen mit den Bürgern zu ergründen versucht.

Miteinander in Bredenscheid funktioniert, das Drumherum fehlt

Birgit und Ulrich Ehepaar Klaffki wundern sich dabei nicht über die Bewertungen. „Das Miteinander in Bredenscheid funktioniert, aber das Drumherum fehlt. Der Frust drückt sich dann natürlich in den Bewertungen aus“, so Ulrich Klaffki (64). Er setzt sich auch im Bredenscheider Bürgerverein für eine Verbesserung der Infrastruktur ein, hat auch das Gespräch mit der Stadt gesucht. „Wir brauchen die Unterstützung der Stadt. Es ist traurig, dass wir hier alleine gelassen werden. Das hier ist der vergessene Ortsteil Bredenscheid.“

Seine Ehefrau Birgit nennt gleich ein Beispiel: In vierter Generation lebe ihre Familie schon in Bredenscheid. Mit den erwachsenen Kindern lebt das Ehepaar unter einem Dach und möchte mit Blick auf das Alter das Eigentum barrierefrei um- und ausbauen. Jedoch: Die Baugenehmigung fehle.

Bredenscheid hatte mal eine Nahversorgung – und Ärzte

Das gleiche Problem besteht bei der Ansiedlung eines circa 800 Quadratmeter großen Lebensmittelgeschäfts. Investor und Grundstück stünden bereit, so Ulrich Klaffki. Was Küsterin Annegret Claas bestätigt: „Wir würden uns über einen Supermarkt freuen.“ Dabei habe Bredenscheid mal eine Nahversorgung und Ärzte gehabt. Nach und nach seien die aber abgewandert. Jetzt treffe man sich halt im Wald, scherzt Claas.

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Denn das bestätigen alle Befragten: Bredenscheid besticht durch seine Natur. „Auch nach neun Jahren reiben wir uns jedes Mal die Augen, wie schön das hier ist“, meint Cornelia Grigat (40). Vor zwei Jahren sei die Wohnortwahl der jungen Familie aber beinahe zum Verhängnis geworden: Motorschaden am Auto, der neue Wagen ließ auf sich warten. „Der ÖPNV ist hier nicht so toll.“ Weder die Taktung, noch die Strecken seien sinnvoll. Grigats Mann arbeitet in Velbert und müsste mit dem Bus über die Innenstadt von Hattingen fahren, wäre lange unterwegs. Ausgeholfen hat damals Grigats Mutter: „Sie hat uns ihr Auto geliehen. Bei ihr gibt es nämlich einen guten Nahverkehr.“ Beim Stadtteilcheck wurde Bredenscheid in dieser Kategorie mit 3,8 bewertet und landet damit auf dem sechsten Platz.

Die Grundschule muss Kinder abweisen

Auch Colin Claas (30) wundern die schlechten Bewertungen in den Einzelkategorien nicht: „Hier gibt es halt nichts.“ Dennoch lebt er hier gerne. „Man hat hier nie Stress.“ Er ist sich aber sicher, dass Stadtmenschen sich hier nicht wohlfühlen würden.

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In der Kategorie Kinder schneidet Bredenscheid übrigens recht gut ab, belegt mit der Note 2,66 immerhin Platz drei. „Die Grundschule muss Kinder abweisen“, so Birgit Klaffki. „Hier können die Grundschüler noch selbstständig und zu Fuß in ihre Schule gehen“, schwärmt sie.