Hattingen. Niedergelassene Ärzte beklagen zu geringes Budget. Ärzte würden auch am Ende des Quartals noch Hausbesuche machen und Behandlungen aufschreiben. Auch, wenn das Budget eigentlich längst aufgebraucht sei. Denn Patienten sollen damit nicht belastet werden.

Um eine Million Euro streitet das Evangelische Krankenhaus Hattingen (EvK) mit der Krankenkasse Barmer GEK. Auf diesen gewaltigen Betrag summieren sich inzwischen die offenen Kosten für Behandlungen aus den vergangenen drei Jahren, die das EvK von der Krankenkasse fordert (wir berichteten). Doch nicht nur im Krankenhaus kämpfen die Mediziner um ihr Geld. Auch die niedergelassenen Ärzte kennen das Problem seit Jahren.

„Es ist inzwischen Standard, dass bestimmte Leistungen nicht mehr bezahlt werden“, zeigt sich Willi Martmöller, Sprecher der niedergelassenen Ärzte in Hattingen, resigniert. Für ein Fünftel bis 30 Prozent der Leistungen, die von den Ärzten erbracht werden, würde nicht gezahlt, rechnet der Mediziner vor. Und darunter leiden die Ärzte nicht erst seit gestern. „Wir leben schon lange damit“, gibt Martmöller zu und ergänzt: „Das ist unser täglich Brot.“

Auch am Ende des Quartals noch Hausbesuche

Der Öffentlichkeit sei das Problem allerdings nur schwer zu vermittelt. „Es wird einfach nicht gern gehört, dass bis zu einem Drittel der Leistungen umsonst sind“, erklärt Willi Martmöller. Und natürlich würde der Arzt auch am Ende des Quartals noch Hausbesuche machen und Behandlungen aufschreiben. Auch, wenn das Budget eigentlich längst aufgebraucht sei. Deshalb unterstreicht der Ärztesprecher: „Der Patient kann ja nichts dafür. Oftmals weiß er möglicherweise auch gar nichts von dem Problem.“

Die Patienten sollen nicht unter der problematischen Verteilung der Gelder leiden, soviel steht fest. Und dass es in der Bevölkerung nicht gut ankommt, wenn man darüber redet, dass Ärzte für umsonst arbeiten – quasi regelmäßig unbezahlte Überstunden anfallen – musste Willi Martmöller schon feststellen. „Wir wollen dem Patienten, der am Ende des Quartals krank wird, keine Schuldgefühle machen“, stellt er klar. „Darauf verlassen sich die Krankenkassen aber“, erklärt er die Zwickmühle.

"Kein Verständnis für offene Zahlungen"

Angesichts der Milliarden-Überschüsse, die die gesetzlichen Krankenkassen anhäufen, hat Martmöller kein Verständnis dafür, dass Zahlungen offen bleiben. „Ich kann es nicht nachvollziehen, dass Krankenkassen über 20 Milliarden Euro der Versicherten horten und die dann verwalten, aber nichts zurückzahlen wollen. Das hat für mich schon etwas von Raubrittertum“, ist der Hattinger Mediziner entrüstet. Aber solange das Thema nicht gern gehört und ungern angesprochen wird, bleibt es wohl das, was es ist: Standard.