Hattingen. Alle 31 000 Stromkunden des Hattinger Energieversorgers AVU erhalten die Kündigung. Die Vertragsbedingungen müssten angepasst werden, heißt es. Damit sollen Preiserhöhungen durchgedrückt werden, sagt ein Experte.

31 000 Stromzähler hat der Energieversorger AVU in Hattingen, das entspricht einem Marktanteil von etwa 90 Prozent bei den Privatkunden. ­Sie alle haben in den vergangenen Tagen Post aus Gevelsberg erhalten. Inhalt: die jüngste Strompreiserhöhung – und die Vertragskündigung!

In den Schreiben, die die AVU verschickt hat, wird zunächst der neue Strompreis genannt und dann erläutert, ehe später die Kündigung zum 31. März folgt. Anbei liegt ein vorausgefüllter Vertrag, der lediglich unterschrieben und zurückgeschickt werden müsse, wenn der Kunde ab dem 1. April weiterhin zu seinem gewählten Tarif Strom beziehen wolle. Die Frist hierfür läuft kurzfristig nur bis 29. Februar.

Wer den neuen Vertrag nicht zurückschickt, fällt automatisch in die Grundversorgung, die allerdings teurer ist als der individuelle Sondertarif.

„Wir müssen unsere Vertragsbedingungen den gesetzlichen Bedingungen anpassen – und das wollten wir nicht stillschweigend machen“, sagt AVU-Sprecher Jörg Prostka. „Als seriöser Anbieter wollen wir saubere Vertragspartnerschaften.“ Er nennt als Beispiel, dass die Kündigungs­fristen per Gesetz verkürzt worden seien, „was den Wettbewerb anreizen soll“.

Gesetzliche Fristen

Auch bei der Frist bis zum 29. Februar verweist Prostka auf gesetzliche Fristen: „Um alle Vorschriften zum Vertragswechsel einhalten zu können, musste das so sein.“

Die Strompreise werden unterdessen in beinahe allen AVU-Tarifen um 1,3 Cent netto bzw. 1,55 Cent brutto angehoben. Ausnahme ist beispielsweise der Tarif Onlinestrom für Kunden, die mehr als 5000 Kilowattstunden im Jahr verbrauchen – hier steigt der Preis um 3,1 Cent brutto.

Grund für die Erhöhung seien gestiegenen Netznutzungsentgelte der Übertragungsnetzbetreiber sowie die neue Sonderkundenumlage, so die AVU. „Die staatliche Belastung liegt bei über 40 Prozent.“

Verträge prüfen

„Es hat sich leider eingebürgert, dass die Unternehmen generell kündigen, um Preiserhöhungen durchzudrücken“, sagt Jürgen Schröder, Energierechtsexperte bei der Verbraucherzentrale NRW. „Wir empfehlen dringend, alte Verträge zu prüfen, ob die Kündigung rechtens ist. Und dann sollte man auf jeden Fall die neuen Preise mit anderen Anbietern vergleichen – oft gibt es günstigere Angebote.“

Aichard Hoffmann, Sprecher des Mietervereins, gibt zu, dass er kein Experte auf diesem Gebiet ist, berichtet aber, dass die Stadtwerke Bochum anders vorgehen würden: „Wenn sie die Preise erhöhen, teilen sie das mit“, sagt er. „Und wer das nicht mitmachen will, muss selbst aktiv werden und kündigen.“