Hattingen.

Was klein anfing, ist heute ein Erfolgsmodell: Die Willi-Michels-Bildungsstätte bietet Seminare für Erwachsene zu Teambildung oder Jugendhilfe an und lockt Teilnehmer aus ganz NRW nach Hattingen.

Wenn bei Benno Wolf am Montagmorgen der Wecker klingelt, freut sich der 67-Jährige. Dann trifft er in der Willi-Michels-Bildungsstätte seine Männergruppe. Sie sägen, fräsen, schmirgeln. Es entstehen Nistkästen, Fußbänke oder Untersetzer in Fisch-Form.

Sich mit den anderen Männern zu treffen, sei doch besser als morgens schon den Fernseher anzumachen, sagt Benno Wolf, der bei der Kraftwerksschule beschäftigt war. Sie sprechen über Politik und tauschen sich aus, wenn sie einen handwerklichen Tipp brauchen, sagt Heinz Krampe (78). Der frühere Bau- und Möbelschreiner leitet die Gruppe, in der das größte Thema der Fußball ist, spielten doch sechs der acht Männer selbst.

Ein Kampf gegen sinkende Zuschüsse

Manche arbeiteten auf der Hütte. Als die dicht machte, standen viele ohne Arbeit da. Manche kaum älter als 50 Jahre. Damals gründete sich der Verein Neues Alter als Trägerverein für Erwachsenenbildung. Es war 1989. „Es ging uns um die Entlassenen und deren Familien“, sagt Dieter Wieandt (75). Er arbeitete als Modelltischler in der Eisengießerei, später bei der Kommune. Mit seinem Rentnerdasein gab er den Gitarrenunterricht an der Musikschule auf. Sein Einsatz für die Bildungsstätten blieb: als Vorstand des heutigen Freizeitwerks Welper. Das ist Träger der Jugendbildungsstätte und der Willi-Michels-Bildungsstätte. Bis 2009 hatten die beiden Bildungsstätten eigene Träger.

Das Freizeitwerk hat rund 100 Mitglieder und 25 in Teilzeit Beschäftigte. Natürlich seien Kosten ein Grund für die Verschmelzung der Tägervereine gewesen. Wegen der Finanzen ist auch Hermann Becker (72) vor 15 Jahren angesprochen worden. Er ist nicht nur Bankkaufmann, sondern fühlte sich familiär verpflichtet, ist er doch seit 40 Jahren mit der Tochter von Willi Michels verheiratet. Dem Sozialdemokraten, der neben zahlreichen anderen Ämtern, in Welper Bürgermeister und im Neuen Alter Vorstandsvorsitzender war: „Was er sich vornahm, brachte er zu Ende“, sagt Becker über seinen verstorbenen Schwiegervater. Becker beschloss also, die Finanzen in zwei Jahren auf Vordermann zu bringen. Er blieb. Und kämpft weiterhin um immer weniger werdende Zuschüsse und kreative Ideen. Den größten Teil nehmen sie durch Seminare und Übernachtungen ein. In der Jugendbildungsstätte mit 96 Betten gibt es Angebote zu Themen wie den Übergang in die Oberstufe und das Abitur nach acht Jahren oder Lernferien.

Teilnehmer aus ganz NRW

Die Willi-Michels-Bildungsstätte bietet Seminare für Erwachsene zu Teambildung oder Jugendhilfe an. Die Teilnehmer kommen aus ganz NRW, was Marketingstrategien nicht einfach macht. Die beste Werbung seien zufriedene Gäste, sagt Wieandt und nennt eine Wuppertaler Gruppe, die zum 35. Mal kommt.

Das Ziel des Trägervereins: Generationen zusammenzuführen. Das haben sie bereits in der Gründungsurkunde des Neuen Alters formuliert („Durchdringung von Jugend- und Erwachsenenbildung sowie generationenübergreifende Arbeitsansätze“). Inzwischen gab es den Großeltern-Enkel-Urlaub. „Das zusammenzuführen bleibt ein schwieriges Feld“, sagt Klaus Theis, seit 2010 pädagogischer Leiter. Der Bildungsmarkt sei zudem hart umkämpft.

Die Gruppen, die mit dem Neuen Alter entstanden sind, treffen sich weiterhin jede Woche: Fotogruppe, Zeitungs- oder Frauengruppe, die beispielsweise Körnerkissen für den jährlichen Basar näht. Dafür sind auch die Holzarbeiten gedacht. Heinz Severins (76) werkelt gerade am Hundesuchspiel, bei dem Leckerchen unter Holzschiebern verschwinden. „Viele von uns kennen sich von früher“, sagt Krampe über die Männer und ihren Zusammenhalt. Benno Wolf mag jeden Montagmorgen: weil er eigene Ideen in Holz umsetzen kann. Die Gruppe ist für ihn aber gleichzeitig eine kleine Verpflichtung, sagt er, auch „um aus dem Haus rauszukommen“.