Hattingen.
Ein Fischadler kam verletzt aus dem Sauerland und in die Hattinger Wildvogelstation Paasmühle. Mehr als einen Monat erholte sich der Patient von seinen Verletzungen. Jetzt braucht Thorsten Kestner noch Hilfe bei der Reiseorganisation in den Süden.
Ein bisschen strubbelig sieht er ja aus, aber das ist für einen Fischadler ganz normal. Nicht normal ist, dass der Fischadler, den Thorsten Kestner zurzeit in seiner Wildvogelauffangstation in Hattingen pflegt, noch nicht im Süden ist. Denn die Zugvögel überwintern gerne dort, wo es warm ist. Eine Verletzung hat seinen Zug gestoppt.
„Wir gehen davon aus, dass er in einem Fischnetz fest hing, weil er beide Beine so gezerrt hatte, dass er sie nicht mehr bewegen konnte – und eine Flügelhautverletzung hat er auch gehabt“, sagt Thorsten Kestner. Der Unfall geschah im Sauerland – ein Spaziergänger fand den Vogel und gab ihn bei einem Tierarzt ab. Nach einer kleinen Odyssee landete der Fischadler schließlich bei Kestner. Ein seltener Gast in der Paasmühle – „Fischadler kommen hier selten vorbei“, sagt der ehrenamtliche Vogelschützer. Mehr als einen Monat erholte sich der Patient von seinen Verletzungen, bei reichlich Fisch und guter Pflege. Jetzt ist der Vogel gesund. Allerdings ist durch die lange Krankheit seine Muskulatur noch geschwächt.
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Und damit fangen für die Tierschützer die Probleme wieder an, denn eigentlich müsste der Adler schon längst in seinem Winterquartier sein, um die kalte Jahreszeit im Warmen zu verbringen. Weil er das aber alleine bis zum Winter nicht schaffen würde, soll er mit dem Flugzeug nach Spanien fliegen. Ein Platz für ihn ist dort bereits gefunden, der Zoo von Jerez de la Frontera an der Atlantikküste Andalusiens würde ihn aufnehmen und auswildern. Im dortigen Nationalpark Coto de Donana, einem der wichtigsten Überwinterungsquartiere für Zugvögel, wird zurzeit ein spezielles Fischadler-Schutzprogramm eingerichtet. „Wir brauchen ja am anderen Ende auch jemanden, der den Vogel entgegennimmt und versorgt“, erklärt Kestner.
So weit, so gut. Allein: Fischadler zählen zu den streng geschützten Arten. Und während sie als „Alleinreisende“, also Selbstfliegende, absolute Freizügigkeit genießen und fliegen können, wohin sie möchten, ist der Transport solcher Tiere streng geregelt. Doch Kestner ist entschlossen, den Fischadler bestmöglich genesen zu lassen. Alle Formalitäten inklusive Amtstierärztlicher Untersuchung sind bereits erledigt.
Alle Schwierigkeiten beseitigt? Beileibe nicht. Denn wie soll der Vogel nun in den Süden kommen? Eine Fluggesellschaft hatte bereits Hilfe zugesagt – allerdings müsste der Adler dazu zunächst nach Frankfurt gebracht werden. Jerez zählt zu den Flughäfen, die in der Wintersaison nicht regelmäßig, beziehungsweise nicht direkt angeflogen werden. Das Tier soll aber nicht mehr als nötig gestresst werden, und schon gar nicht durch zu viele Hände wandern. „Scheinbar haben wir da echte Organisationsprobleme“, sagt Kestner, ratlos angesichts komplizierter Flugpläne und Vorschriften. Vögel gesund pflegen, das ist die eine, zugegeben komplizierte Sache. Reisepläne erstellen und koordinieren - eine Aufgabe für andere Experten.