Hattingen. Die Demo der Querdenker wurde am Montag von Hattingen nach Welper verlegt. Bürger organisierten eine Mülltonnen-Aktion dagegen. Es gab zwei Anzeigen.
„Weg mit dem Dreck. Hier ist Platz für Geschwurbel, Trommeln und Aluhüte. EkelhAFD“. Das selbst gemalte Plakat steht auf einer geöffneten Mülltonne, die der frühere Verdi-Gewerkschafter Hans-Georg Harms während der Trommel-Demo in Welper vor sich herschiebt.
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Etwa 30 Menschen haben sich am Emmy-Kruppke-Seniorenzentrum gegenüber dem Marktplatz spontan aufgestellt, um gegen die Montagstrommler zu demonstrieren, die zum ersten Mal nach Welper gekommen sind. Das bringt Harms gleich zwei Anzeigen ein: Zum einen vom Ordnungsamt, weil die Aschentonne an dem Tag nicht an der Straße stehen darf – und von der Polizei, die ihn als Versammlungsleiter bezeichnet.
„Wieso die Polizei darauf kommt, dass ich ein Versammlungsleiter bin, weiß ich nicht. Darunter verstehe ich etwas anderes“, sagt Harms. Wie die Beamten auf Anfrage mitteilen, muss die Anzeige geschrieben werden, weil eventuell ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorliegt.
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„Als Spontanversammlung wird eine Zusammenkunft angesehen, wenn sich einige Leute zum Beispiel kurzentschlossen gegen eine Demonstration zusammentun und den anderen etwas entgegenschreien. Wenn aber Plakate herausgeholt werden, dann geht man davon aus, dass es vorbereitende Handlungen gegeben hat. Dann muss eine Versammlung angemeldet werden, was in Welper nicht der Fall war“, erklärt Christoph Neuhaus von der Polizeipressestelle.
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Nach dem Versammlungsgesetz Paragraph 27, Absatz 1 wird ein Verstoß mit bis zu einem Jahr Haft oder mit einer Geldstrafe geahndet. Die Demonstration der Trommler hingegen sei unter dem Titel „Rhythmisch-musikalischer Festzug für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung“ angemeldet gewesen. 40 Teilnehmer waren laut Polizei bei der Kundgebung in Welper, die friedlich verläuft. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, haben sich Welperaner Bürgerinnen und Bürger aufgestellt, mal mit, mal ohne selbst bemalte Pappschilder, und hören meist schweigend und kopfschüttelnd den Trommlern zu.
>>> Hier gibt es die Fotos zur Mülltonnen-Aktion:
Offene Mülltonnen gegen Querdenker in Welper
„Zeigen wir, was wir von denen halten, stellen Sie Ihre Mülltonnen mit offenem Deckel rund um den Marktplatz auf und zeigen damit, wo Platz für diese Aussagen ist“, hatte Hans-Georg Harms die Nachbarschaft aufgefordert, Flagge gegen rechts zu zeigen.
Die junge Mutter Aylin kommt gerade mit ihrem Kinderwagen und dem schlafenden Baby an der Trommler-Gruppe vorbei. Sie verdreht die Augen, weil sie sich durch die Demos gegängelt fühlt. „Die können ja ihre Meinung haben, aber die sollen doch akzeptieren, wenn andere Menschen anderer Meinung sind und nicht immer mit Getöse die Bürger belästigen“, ärgert sie sich.
„Welper hat Herz, Hirn und Haltung“
Gegen Querdenker zeigen auch Christel Oldenburg und Andrea Tiggemann kleine Plakate und Gesicht. „Welper hat Herz, Hirn und Haltung“, steht auf einem Pappschild, „Weg mit dem Dreck“, auf dem anderen. „Wenn man für Demokratie ist, muss man auch der anderen Seite zuhören. Ich warte aber noch immer darauf, dass die Trommler mal irgendeinen vernünftigen Vorschlag machen. Immer nur dagegen zu sein, ist billig“, sagt Andrea Tiggemann. Sie ist in Welper geboren, hat immer in dem Ortsteil gelebt, ist quasi eine „Eingeborene“.
Nächste Demo auf dem Rathausplatz
Zu einer Demonstration lädt die Gruppe „Hattingen für Vielfalt und Demokratie“ für den kommenden Samstag (13.4.). ein. Allerdings hat sich der bisherige Treffpunkt geändert: Weil der Gesundheitstag von 10 bis 14 Uhr im Rathaus stattfindet, wird zur Demo um 14 Uhr an der Roonstraße 1, vor der Hauptstelle der Sparkasse, eingeladen.
Als Redner wird Frank Staacken von Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „75 Jahre Grundgesetz“ sprechen. Brigitte Lümmer von „Hattingen für Vielfalt und Demokratie“ freut sich, wenn es wieder einen bunten Protest gegen die Trommler und die AfD mit Fahnen und Schildern gibt, teilt sie mit.
„Ich kann beurteilen, wie sich Welper verändert hat. Unterschiedliche Religionen, Menschen aus anderen Staaten haben den Stadtteil bunter gemacht“, findet sie und bedauert, dass nicht mehr Parteien an diesem Montagabend offen für Demokratie eintreten. Nur die SPD ist vor Ort zu erkennen. Was sie aber sehr gefreut hat: Es kam eine Gruppe Jugendlicher vorbei und fragte, was die Trommler denn da erzählen, schildert die 51-Jährige. „Stehen bleiben und zuhören wollten sie aber nicht, denn sie könnten das Geschwurbel nicht ertragen, haben sie gesagt.“
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Monika Koch, die seit 37 Jahren in Welper wohnt, hat sogar das Oma-Kinder-Turnen sausen lassen. „Ich hab‘ so einen Blödsinn wie die Ansichten der Trommler noch nie gehört und finde, man muss für die Demokratie eintreten“, ist sie überzeugt. So denken viele, die sich zur Spontan-Demo versammelt haben. Sie werden auch weiter dabeisein, wenn es heißt: Gesicht zeigen gegen rechts.