Hattingen/Dinslaken/Bochum. Unterschlagung im Paketverteilzentrum Bochum: Ein Paar aus Hattingen und Dinslaken leitet teure Vorwerk-Ware um - die Bestellungen kommen nie an.

Zum Schluss spricht Axel Deutscher, Richter beim Landgericht Bochum, Klartext mit den beiden Verurteilten aus Hattingen und Dinslaken: „Wenn Sie die Bewährungsauflagen nicht genau befolgen, dann: Knast“.

Dass die Hattingerin und der Dinslakener bei der Strafe noch mit einem blauen Auge davongekommen sind, macht der Richter mehrfach klar. Dennoch fällt die Strafe wegen Unterschlagung deutlich aus: Beide werden zu jeweils einem Jahr auf eine Bewährungszeit von zwei Jahren verurteilt, müssen Geldstrafen bezahlen und melden, wenn sie umziehen.

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Die beiden arbeiten als Angestellte bei der Deutschen Post im Paketverteilzentrum Bochum. Zu dem Zeitpunkt sind sie noch ein Paar. Der 40-Jährige Dinslakener ist da schon seit zwanzig Jahren für seinen Arbeitsgeber tätig. Dann kommt seine 13 Jahre jüngere Hattinger Freundin auf die Idee, den Verdienst zwischen Oktober und Dezember 2020 „ein wenig aufzubessern“, wie sie vor Gericht einräumt.

Das Geld teilt das Gauner-Pärchen aus Hattingen und Dinslaken unter sich auf

Die beiden fischen aus dem Sendungsstrom vornehmlich Pakete der Firma Vorwerk heraus, so die Anklage. Sie verwahren die Post zuerst an ihrem Arbeitsplatz, der 40-Jährige druckt dann neue Versand-Etiketten aus und gibt entweder die Adresse der Hattingerin an oder die von ihren Familienangehörigen.

Die Ware wird auf Ebay angeboten und verkauft – ein lukratives Geschäft von etwa 7500 Euro, wie die Hattingerin schätzt. Das Geld wird aufgeteilt. „Ja, Weihnachten war nicht weit entfernt, da kann man ja davon ausgehen, dass wertvollere Pakete unterwegs sind“, stellt der Richter fest. Die Straftaten schätzt er als gravierend ein.

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Der Rechtsanwalt des 40-Jährigen stellt fest, dass bisher „noch kein Antrag auf Einziehung vorliegt“. Zur Sprache kommt, dass die Staatsanwaltschaft es versäumt hat, die Höhe des entstandenen Schadens zu berechnen. „Sonst wären wir auch schnell beim Vorwurf des Diebstahls“, sagt der Richter. „Und das hätte noch einmal eine andere Dimension als Straftat. Aber wir lassen es jetzt beim Vorwurf der Unterschlagung.“

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Warum die beiden Angeklagten, die bis dahin ein straffreies Leben geführt haben, plötzlich auf solche Ideen kommen, das versteht der Richter nicht. Zumal beide angeben, ein Nettogehalt von cira 2400 Euro zu haben. „Ihnen muss doch klar gewesen sein, dass Sie fliegen, wenn es herauskommt“, stellt Axel Deutscher fest. Ein Schaden von 7500 Euro sei ja nicht wenig.

Der Thermomix - eines von vielen Geräten der Firma Vorwerk. Darauf hatte es das Pärchen aus Hattingen und Dinslaken abgesehen.
Der Thermomix - eines von vielen Geräten der Firma Vorwerk. Darauf hatte es das Pärchen aus Hattingen und Dinslaken abgesehen. © Vorwerk | Vorwerk

Das sieht auch der Staatsanwalt in seinem Plädoyer so. Die Angeklagten hätten zwar die Taten vollständig eingeräumt, aber ihre unterschiedliche Stellung in dem Betrieb hätten sie ausgenutzt, um die Straftaten zu begehen.

An zwei Tagen waren es jeweils fünf Sendungen, die unterschlagen wurden

Die Zeit, in der die Taten begangen wurden, sei auch ziemlich lang gewesen, und die hohe Zahl der weggefischten Pakete falle ins Auge. An zwei Tagen waren es jeweils fünf Sendungen, die unterschlagen wurden. „Das ist schon sehr intensiv.“ Dass die 28-jährige Angeklagte die Idee hatte, habe sie ja eingeräumt. Aber dass sich der 40-Jährige zu solchen Taten hinreißen lasse, sei schon beachtlich, bemerkt der Staatsanwalt.

Er fordert ein Jahr und drei Monate Haft für den Dinslakener auf eine Bewährungszeit von drei Jahren sowie ein Jahr Haft für die Angeklagte mit der gleichen Bewährungszeit. Außerdem sollten beide je 1000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.

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Reinhard Peters, Anwalt des Dinslakeners, hält die Strafe für zu hoch. Es reiche auch eine Bewährungszeit von zwei Jahren und eine insgesamt geringere Strafe. Außerdem sei dasselbe Strafmaß für beide Angeklagten fairer. Der Anwalt der Hattingerin, Stefan Heiermann, kann sich der Forderung nur anschließen. „Man muss auch berücksichtigen, dass beide geständig sind“, erklärte er.

Darauf lässt sich das Gericht ein, hält ein Jahr Freiheitsstrafe auf zwei Jahre Bewährung für beide für angemessen. Außerdem muss die 28-Jährige 720 Euro bezahlen, ihr Ex-Freund 600 Euro.