Hattingen/Sprockhövel/EN-Kreis. Die Psychologische Beratungsstelle des EN-Kreises schlägt Alarm: Immer mehr Kinder brauchen Hilfe, doch die Wartezeit ist lang. Ein Fallbeispiel.
Die Psychologische Beratungsstelle des Ennepe-Ruhr-Kreises schlägt Alarm. Immer mehr Kinder und Jugendliche haben in Hattingen, Sprockhövel und den anderen Städten mit psychischen Problemen zu kämpfen. Für die Familien wird das zur Belastungsprobe.
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Das Team der Beratungsstelle um Leiterin Anja Dyck schafft Abhilfe, so gut es kann. Die Schwierigkeit: Das Personal ist gedeckelt, während der Bedarf stetig wächst. Für Familien bedeutet das, dass sie zum Teil Monate auf ein Erstgespräch bei der Beratungsstelle warten müssen.
Ein typisches Fallbeispiel aus der Beratungsstelle
Ein typisches Fallbeispiel: Timmi ist acht Jahre alt und besucht die dritte Klasse einer Grundschule. Er hat die Diagnosen Lese-Rechtschreibstörung, Dyskalkulie und ADHS. Seine Eltern leben seit 2021 getrennt, Timmi ist mal bei seiner Mutter und mal bei seinem Vater. Er hat auch eine kleinere Schwester, die drei Jahre alt ist. Timmis Hobbys sind Fußballspielen, Schwimmen und Videospiele zocken. Wegen seiner Konzentrationsschwierigkeiten und Unruhe geht er seit 2022 zur Ergotherapie. Der Achtjährige ist trennungsängstlich, traut sich wenig zu, stört den Unterricht und kann nicht lange zuhören. Geschwisterstreitigkeiten und Hausaufgabenverweigerung gehören zum Alltag der Familie.
Timmis Eltern melden sich in der Beratungsstelle an und bekommen einen Erstgesprächstermin in fünf Monaten. Laut Anja Dyck belaufen sich die Wartezeiten bei dem derzeitigen Personalstand und dem Anstieg an Anmeldungen auf vier bis sechs Monate für die Diagnostik. „Die Anmeldezahlen gehen immer weiter nach oben, das macht uns Sorge“, erklärt die Leiterin. Mit den wachsenden Anmeldungen sei zuletzt zwar auch das Personal gestiegen, jetzt könne es aber nicht weiter steigen.
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Laut einem Bericht für die Jahre 2020 bis 2022 arbeiten in der Beratungsstelle insgesamt 16 Mitarbeitende Hand in Hand, um den Familien im Ennepe-Ruhr-Kreis ein umfassendes Beratungs- und Förderangebot anzubieten. Das diagnostische Team umfasst drei Mitarbeitende und ist zuständig für die psychologische Testdiagnostik, Begutachtung und Beratung. Der Lerntherapie-Bereich arbeitet mit zehn Mitarbeitenden im Wochenrhythmus mit den Kindern und Jugendlichen. Im Sekretariat verwalten zwei Mitarbeiterinnen den logistischen Apparat rund um Diagnostik und Förderung für den Hauptstandort in Gevelsberg sowie für die Außenförderorte.
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Dem gegenüber standen 2022 insgesamt 285 Anmeldungen, davon circa 60 Prozent mit diagnostischem Mehraufwand. Mit dem derzeitigen Personalstand in der Diagnostik seien aber nur 200 Standard-Fallbearbeitungen pro Jahr möglich, wie Anja Dyck vorrechnet.
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Hinzu komme, dass sich Symptombilder gleichzeitig wandelten. So steige der Bedarf nach Abklärung schulischer Verhaltensprobleme wie Impulsivität, Unruhe oder auch Konzentrationsschwierigkeiten stetig weiter. Ebenso seien Mehrfachbelastungen der Familien zum Standard geworden und würden die diagnostischen Kapazitäten neben der generell stark erhöhten Anmeldeanzahl zusätzlich auslasten.
Lange Warteweiten sind für Familien ein Problem
„Die Wartezeiten für die Familien sind ein Problem“, warnt Anja Dyck. „Die Kinder ziehen sich sozial zurück.“ Dabei könne die Beratungsstelle räumlich bis zu 20 Wochenstunden mehr leisten. Die Leiterin empfiehlt, den diagnostischen Bereich zu verstärken. Das Fallbeispiel Timmi und alle anderen Kinder und Jugendlichen sowie Familien bräuchten angemessenere Wartezeiten, früher einsetzende Hilfen, eine frühere Netzwerkarbeit mit den Schulen/dem Lehrpersonal und eine schnelle Reduktion des Leidensdrucks, um Folgesymptome zu reduzieren und härtere Maßnahmen zu verhindern.
Anja Dyck hat die Lage der Beratungsstelle bereits vor dem Jugendhilfeausschuss in Gevelsberg geschildert. Der scheidende Jugendamtsleiter der Stadt, Manuel Ashauer, erklärte dazu: „Wir stellen insgesamt fest, dass wir in allen Bereichen massive Zuwächse haben.“ In der Steuerungsgruppe sei bereits über einen personellen Zuwachs von 20 Wochenstunden gesprochen worden. „Wir können sagen, dass das haushalterisch eingeplant werden kann“, so Ashauer. Entscheiden müsse das die Politik.
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>>> Die Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Ennepe-Ruhr-Kreises befindet sich im Gesundheitshaus Gevelsberg, Hagener Straße 26a. Finanziert wird das Angebot vom Kreis, der dafür auch entsprechende Landesmittel nutzt. Ein Großteil der Kosten wird von den Südkreis-Kommunen entsprechend dem Einwohnerschlüssel getragen.