Sprockhövel. Die Sparmaßnahmen der Regierung machen den Bauern in Sprockhövel Sorgen. Sie befürchten mit Tausende Euro Mehrkosten und das Aus für viele Höfe.

Im ländlichen Bereich fallen sie derzeit auf, die Silage- und Strohballen, die in Neonfarben mit alarmierenden Botschaften besprüht sind: Stirbt der Bauer, stirbt das Land!“ ist zu lesen oder „Bauerntod-Hungersnot“. Der Hintergrund sind die Pläne der Bundesregierung, Subventionen für die Bauern abzuschaffen. Erst am Donnerstag (4.1.) lenkte die Politik teilweise ein. Unserer Redaktion erklärten Sprockhöveler Bauern, weshalb die ursprünglichen Pläne so gefährlich für viele Höfe wären.

Die Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge sollte zunächst wegfallen, die Steuererstattung auf den Dieselkraftstoff ebenfalls. Die Steuerbefreiung sei eingeführt worden, weil Trecker ja vorwiegend auf dem Feld fahren, Straßen kaum benutzen, erläutert Bauer Hans-Joachim Hütter, der Galloway- und Angus-Rinder hält. „Diese Pläne wären der letzte Sargnagel für viele Betriebe“, bewertet der Haßlinghauser Hütter. Für Betriebe mit einer Größe von etwa 50 Hektar mache das eine Steuererstattung von knapp 1000 bis zirka 1500 Euro im Jahr aus, die dann wegfiele.

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Sein Glück sei, dass seine Ackerflächen nah beim Hof lägen, so dass er keine weiten Strecken mit den Treckern zurücklegen müsse. Er habe immer schon darauf geachtet und schon früher Flächen, die weiter weg lagen, abgegeben. Das sei bei anderen Kollegen anders, erläutert Hans-Joachim Hütter. Das gehe dann richtig ins Geld.

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Bis jetzt waren landwirtschaftliche Fahrzeuge, die nur 25 Stundenkilometer fahren, von der Kraftfahrzeugsteuer befreit und mussten auch nicht extra versichert werden. Wenn das „schwarze Kennzeichen“ und auch eine Versicherung Pflicht würden, schlage das in Abhängigkeit von der Größe und Anzahl der Fahrzeuge mit mehreren Tausend Euro Versicherungsbeitrag zu Buche, befürchten die Landwirte.

Ähnlich sieht das auch Bauer Stefan Jacobi, der 80 bis 90 Milchkühe hat. Auch seine Flächen liegen nicht weit entfernt. Kleinere Betriebe ständen schon jetzt am Existenzminimum, und wenn dann auch noch erstens die CO2-Abgabe den Sprit verteuere, und die Steuererstattung wegfalle, gebe es ein Höfe-Sterben im großen Stil, erwarten die Sprockhöveler Landwirte.

Bauer Stefan Jacobi bietet neben der Milchviehhaltung auch Himbeeren zum Selberpflücken in Sprockhövel.
Bauer Stefan Jacobi bietet neben der Milchviehhaltung auch Himbeeren zum Selberpflücken in Sprockhövel. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Denn man könne die gestiegenen Preise nicht an die Kunden weitergeben: „Milchbauern sind wohl die einzigen, die vorher nicht wissen, welchen Preis sie für ihre Ware bekommen“, erläutert Stefan Jacobi. Denn die Molkereien, die er mit Milch beliefert, teilen den Milchbauern erst nach der Anlieferung mit, welchen Preis sie für die Milch bekommen.

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Auch Birgit Hütter kann das Rindfleisch in ihrem Hofladen nicht beliebig verteuern, und so würde sich der Gewinn der Landwirte weiter reduzieren. „Wir werden nicht mehr investieren können, müssen dann reparaturanfällige Gebrauchtmaschinen kaufen“, skizziert Jacobi die mittelfristigen Folgen einer Sparpolitik auf Kosten der Bauern.

Die Botschaft, die eine riesige Strohfigur aus Rundballen auf einem Plakat den Menschen in der Region zeigt, lautet: „Stirbt der Bauer, stirbt das Land!“ Da sei schon was dran, sind sich die Landwirte einig: „Die Industrie wandert ins Ausland ab, weil die Produktions- und Energiekosten hier zu hoch sind. Bauern könnten das aber nicht, also gäben viele auf.

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Diejenigen Berufskollegen, die noch vor einigen Jahren umfangreich in Stallungen investiert hätten und die Kredite abbezahlen müssen, könnten nicht aussteigen. Andere, deren Investitionen abbezahlt sind, gäben ihre neuen Trecker zurück und arbeiteten etwa als LKW-Fahrer.

So beschreibt Hans-Joachim Hütter einen Strukturwandel, der seiner Meinung nach dazu führt, dass in Deutschland noch weniger Lebensmittel produziert und deshalb aus dem Ausland hertransportiert werden müssten. Das konterkariere doch die Bemühungen nach einer nachhaltigen regionalen Lebensmittelversorgung, findet Hütter.