Hattingen. Die Buchenbestände in Hattingen sterben. Die Gründe dafür und was das bedeutet, beschreiben Förster Thomas Jansen und Landwirt Lennart Nüfer.
„Die alten Buchenbestände in Hattingen sind in der Sterbephase“, sagt Stadtförster Thomas Jansen vom Landesbetrieb Wald und Holz – und dafür gibt es mehrere Gründe. Eben dieses Sterben hat für Landwirt Lennart Nüfer große Auswirkungen.
+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++
Nachts, wenn es still ist, hört Nüfer beim Einschlafen, wie die großen, alten Buchenkronen in sich zusammenbrechen. Rund 1000 Festmeter muss er demnächst von seinen Flächen holen: Es wird ein Buchenkahlschlag werden. „Vom Fichtensterben reden alle schon lange, aber die Buchen sind auch betroffen.“
Buchensterben in Hattingen ist dramatisch
Die Gründe dafür, dass die Bäume, die etwa 160 bis 180 Jahre alt sind, aber eigentlich eine Lebenserwartung von 300 bis 400 Jahre haben, sterben: „Sie sind durch die Stürme vorgeschädigt“, sagt Nüfer, der auch die Wanderwege auf seinem Grund in Ordnung hält und schon aus Sicherheitsgründen die Buchen entfernen will.
Waldzustandsbericht 2022
Im Waldzustandsbericht 2022 steht, dass es in NRW rund 935.000 Hektar Wald gibt.
Bei der Fichte zeigte sich demnach im Zusammenhang mit dem andauernden Borkenkäferbefall das größte Schadensbild aller Baumarten. In den tieferen Lagen sei die Fichte fast vollständig verschwunden.
Die Buche leide wie in den Vorjahren besonders unter der Trockenheit. Nur ein knappes Viertel der Buchen sei gesund. 44 Prozent wiesen einen deutlichen Verlust von Blättern auf.
Jansen ergänzt: „Das ist auch die Folge extremer Trockenheit. Die Bäume sind alt und können nicht reagieren.“ Die trockenen Jahre haben den Bäumen zugesetzt. Außerdem sind sie physiologisch älter, denn sie haben in jungen Jahren viel Ausdünstung der Schwerindustrie aufgenommen.“
Viel mehr Bäume als geplant müssen gefällt werden
Nüfer erschreckt, wie schnell die Buchen sterben. „Im August habe ich gedacht, ich muss 500 bis 600 Festmeter rausholen, Ende September habe ich festgestellt, dass es schon 800 bis 1000 sind.“ Und damit das Zehnfache von dem, was er sonst jährlich aus dem Wald holt, um es als Brennholz zu verkaufen. „Normal sind 80 bis 100 Festmeter pro Jahr.“
Selbst kann Nüfer die Bäume nicht fällen. „Das ist zu gefährlich.“ Denn schnell brächen die Kronen ab, sägte man unten. Er hat die Fällung in Auftrag gegeben. Nüfer hofft, dass die Arbeiten im Dezember beginnen. „Das hängt auch vom Wetter ab. Jedenfalls wird das bei uns eine riesige Baustelle.“ Denn sechs Wochen würde die Fällung schon dauern. Zu lange warten könne er damit nicht, sonst würden die Buchen stockfaul.
>>> Mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel
Lennart Nüfer: „Wirtschaftlicher Schaden ohne Ende“
Als Brennholz verkaufen kann Nüfer diese Menge als Direktvermarkter nicht. „Das ist zu viel.“ Darum wird er die Stämme quasi vom Weg weg verkaufen. Lohnenswert sei das für ihn nicht. „Ich bekomme vielleicht 40 Euro pro Festmeter, das macht dann zusammen 40.000 Euro, aber dann kommen die Steuern, die Firma muss bezahlt werden – und ich muss mich um Nachpflanzungen kümmern“, erklärt er. Was er pflanzt, darin ist er nicht frei, da „gibt es Vorgaben“. Alles in allem sei das „ein wirtschaftlicher Schaden ohne Ende.“
>>> Folgen Sie unserer Redaktion auf Facebook – hier finden Sie uns
Für gesunde Buchen, die stehen bleiben, sieht Nüfer auch ein Problem: „Nimmt man die Reihe Buchen davor weg, verbrennen die Bäume dahinter im Sommer, denn sie sind Schatten gewohnt, stellen sich nicht so schnell um.“
Förster Thomas Jansen: „Buche ist nicht die klimastabilste Baumart“
Wie Nüfer hat Jansen Zweifel daran, ob die Buche der Zukunft gewachsen ist: „Das ist nicht die klimastabilste Baumart.“ Auch der Verein Deutscher Forstwirtschaftsrat berichtet, dass es unter Forstleuten Zweifel gibt, dass die Buche angesichts des sich wandelnden Klimas die Baumart der Zukunft sei, „wie dies von ökologischer Seite gern dargelegt wird“. Eineinhalb Trockenjahre würden ausreichen, um die Vitalität des Baumes in einigen Teilen Deutschlands erheblich einzuschränken. Im Buchen-Nationalpark würden die gleichen Phänomene beobachtet wie im daneben liegenden Wirtschaftswald.