Hattingen. Der Apotheker-Verband mahnt: Hattingen braucht langfristig mehr Apotheken. Noch gibt es keinen Apothekenmangel – aber laut einer Studie droht er.

Insgesamt 13 Apotheken gibt es in Hattingen. Allein neun davon direkt in der Innenstadt. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe e.V. warnt aber vor dem Apothekensterben und einer schlechteren Versorgung bis zum Jahr 2040.

In den Jahren 2003 bis 2018 eröffneten im Ennepe-Ruhr-Kreis 26 Apotheken, es schlossen aber 42. Das ist ein Ergebnis der Studie „Zukunft der Apotheken in Westfalen-Lippe“ des Instituts Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, Bocholt, Recklinghausen sowie der Ruhruni Bochum. Die Studie zeigt auf, dass 2040 aber acht zusätzliche Apotheken im EN-Kreis gebraucht würden, um den jetzigen Versorgungsschnitt zu halten.

Apotheken in Hattingen und im EN-Kreis müssen 2040 mehr alte Menschen versorgen

Denn dann wird mehr als jede dritte Person 60 Jahre oder älter sein. Mit dem steigenden Alter nimmt der Bedarf an Medikamenten zu. Der Bedarf an Tagesdosen, so die Prognose, wird mit der alternden Bevölkerung im Kreis wird um 4,7 Prozent steigen. Allein in Westfalen-Lippe entsteht laut Studie ein Mehrbedarf an 500 Apothekern. Bislang gibt es zu wenige Studienplätze, um das abzudecken.

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20 Prozent der Apothekeninhaber werden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Jemanden zu finden, der eine Apotheke übernimmt, wird aber schwieriger, sagt Michael Mahl, Vorsitzender des Apothekenbezirks Ennepe-Ruhr, der selbst die Rosen Apotheke in Sprockhövel führt.

Derzeit gibt es keinen Apothekenmangel – aber laut einer Studie droht er

Apotheker Michael Mahl ist Vorsitzender der Bezirksgruppe Ennepetal-Ruhr des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe.
Apotheker Michael Mahl ist Vorsitzender der Bezirksgruppe Ennepetal-Ruhr des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

„Derzeit gibt es keinen Mangel. Aber die Hürden, eine Apotheke zu übernehmen oder zu eröffnen, sind inzwischen hoch.“ Erstens sei das Kaufmännische nicht in der Ausbildung verankert, jeder Apotheker, der sich selbstständig machen wolle, müsse sich das selbst beibringen oder ein Aufbaustudium absolvieren. „Dazu sind Apotheken nicht mehr so rentabel und der Bürokratieaufwand ist hoch. Ein Beispiel: Es gibt inzwischen hohe Anforderungen an die Räume. Eingesessene Apotheker haben noch Bestandsschutz, der fällt aber weg, wenn jemand übernimmt.“

Auch wenn laut Studie die Apothekenzahl zurückgeht, so stieg aber die Zahl der Apotheker, die in Apotheken arbeiten, nämlich um 400 in ganz Westfalen-Lippe.

Für jüngere Apotheker ist die Perspektive unklar, sagt Apotheker Michael Mahl

Für jüngere Apotheker, die über eine Selbstständigkeit nachdenken würden, „ist die Perspektive unklar“. Seit zwei, drei Jahren gebe es Probleme durch Versand-Apotheken. „Dass online bestellt wird, ist nicht das Problem, aber ausländische Unternehmen dürfen auf verschreibungspflichtige Medikamente Rabatte geben, die wir nicht geben dürfen. Es gibt zu viele Unterschiede im EU-Recht. Da das zu Unsicherheiten führt, überlegen sich Jüngere, ob sie eine halbe oder eine Million Euro für eine Selbstständigkeit in die Hand nehmen, von der sie nicht wissen, ob das auch noch in zehn Jahren funktioniert.“

Im Ennepe-Ruhr-Kreis sei die Versorgung derzeit gut, die Lage sei nicht dramatisch. Probleme hätten ländliche Regionen, wo es an Ärzten wie Apothekern mangele.

EN-Kreis hat mehr Filialapotheken als andere Städte und Kreise in Westfalen-Lippe

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Laut Studie gibt’s im Ennepe-Ruhr-Kreis den größten prozentualen Anteil an Filialapotheken in Westfalen-Lippe - sie machen hier immerhin fast 40 Prozent aus. Bottrop befindet sich mit gut neun Prozent am anderen Ende der Skala. Liegt die Apothekendichte in Westfalen-Lippe im Schnitt bei 24 pro 100.000 Einwohnern, so liegt sie im EN-Kreis bei 22 und damit am unteren Ende. Dafür aber ist der Altersdurchschnitt der Apothekenbesitzer mit 51 Jahren niedrig – im Kammerbezirk liegt der Durchschnitt bei 54 Jahren.