Hattingen. Kirchenaustritte sind Hauptgrund für den Mitgliederverlust der evangelischen und katholischen Kirche in Hattingen. Ökumene soll helfen.

Immer mehr Menschen treten aus der katholischen und auch evangelischen Kirche in Hattingen aus.

516 Menschen verließen im Jahr 2022 die katholische Kirche in Hattingen, 436 die evangelische. „Außerdem haben wir durch Tod und Wegzug weitere 352 Menschen verloren“, so Superintendentin Julia Holtz. Jährlich würde die evangelische Kirche zwei bis drei Prozent der Mitglieder verlieren – laut einer Studie wird sich die Mitgliederzahl bis 2060 halbiert haben.

Evangelische und katholische Gemeinden in Hattingen wollen Austritten entgegentreten

Die Mitgliederzahl der katholischen Stadtpfarrei St. Peter und Paul Hattingen liegt nun bei 15.027. „Alle evangelischen Gemeinden in Hattingen, Nierenhof sowie Ober- und Niedersprockhövel hatten am 1. Januar 2023 insgesamt 23.099 Mitglieder“, so Julia Holtz.

Der Mitgliederschwund liegt laut des Bistums Essen, das nun seine Jahresstatistik vorgestellt hat und zu dem auch die katholische Pfarrei St. Peter und Paul in Hattingen zählt, zwar nicht nur, aber vor allem an den Austritten. Weitere Faktoren: Es gibt mehr Beerdigungen als Taufen und mehr Weg- als Zuzüge.

Klaus Pfeffer: „Katholische Kirche scheint sich weiterhin im freien Fall zu befinden.“

Generalvikar Klaus Pfeffer vom Bistum Essen kommentiert: „Die katholische Kirche scheint sich weiterhin im freien Fall zu befinden.“ Das allerdings überrasche ihn nicht. Denn die Kirche vermittele derzeit ein „völlig zerrissenes Bild“. Es gebe nichts zu beschwichtigen. Auf den Skandal des sexuellen Missbrauchs gebe es keine einheitliche Reaktion. „Die breite Öffentlichkeit hat den Eindruck, dass wir widersprüchlich, unbeholfen und viel zu zaghaft den Weg der Aufklärung und Aufarbeitung gehen“.

Pfeffer kritisiert, dass manche Verantwortliche denken würden, dass alles so bleiben könne, wie es ist. Neben dem sexuellen Missbrauch gebe es weitere Leidenserfahrungen von Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Identität ausgegrenzt worden seien. „Die moralische Enge hat ganze Lebensgeschichten bis heute schwer beeinträchtigt.“ Um der Menschen und um Gottes Willen dürfe Kirche darum nicht so bleiben, wie sie sei.

„Zukunft des Christentums kann nur ökumenisch gelingen“

Das vor zehn Jahren in Kraft gesetzte Zukunftsbild bleibe wegweisend. Die Reform des kirchlichen Arbeitsrechts hebt er lobend hervor. Das Bistum gehe entschieden den Weg der Erneuerung. Und: „Die Zukunft des Christentums kann nur gemeinsam, ökumenisch gelingen – weit über unsere katholische Kirche hinaus.“

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Julia Holtz: „Emotionale Bindung an die Kirche und die Gemeinde vor Ort stärken.“

Die Superintendentin des evangelischen Kirchenkreises kommentiert: „Gegen die demografische Entwicklung können wir wenig tun, aber dem Austrittsverhalten können und müssen wir aktiv entgegenwirken. Viele Menschen, die aus der evangelischen Kirche austreten, tun dies, weil sie die Relevanz der Institution in ihrem eigenen Leben nicht mehr erkennen können. Deshalb müssen wir zeitgemäße Formen der Verkündigung finden, um Menschen nicht nur für die gute Botschaft von Jesus Christus zu interessieren, sondern auch ihre emotionale Bindung an die Kirche und die Gemeinde vor Ort zu stärken.“

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Die demografische Entwicklung würde dadurch verschärft, dass die Quote der Kindertaufen sinke. „Es ist also keineswegs sicher, dass ein Kind evangelischer Eltern auch evangelisch getauft wird. Mit attraktiven Angeboten wie dem Tauffest, das wir am Himmelfahrtstag in Haus Friede gefeiert haben, bemühen wir uns, diesem Trend entgegenzuwirken“, so Julia Holtz.