Hattingen. Die Hälfte der Mitglieder und der Kaufkraft wird die evangelische Kirche Hattingen bis 2060 laut Studie verlieren. Was das für Gemeinden bedeutet.

Die Hälfe ihrer Mitglieder und 50 Prozent ihrer Kaufkraft wird die evangelische Kirche in Westfalen und damit auch in Hattingen bis 2060 eingebüßt haben: Das jedenfalls ist das Ergebnis einer Studie.

Die hat das Forschungszentrum Generationenverträge der Uni Freiburg erstellt. Das Ergebnis bekamen die Mitglieder des „Gestaltungsraums IV in der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) – also Hagen, Hattingen-Witten und Schwelm – jetzt präsentiert.

Evangelische Kirche Hattingen verliert die Hälfte der Mitglieder und Kaufkraft bis 2060

Überrascht hat es viele nicht. Der Grund ist für Pfarrer Bodo Steinhauer aus Hattingen im „demografischen Wandel“ zu suchen – und auch darin, dass viele Menschen christliche Tradition nicht mehr leben. Dennoch blickt er positiv in die Zukunft: „Wir müssen neue Wege suchen und finden, wir sind ja auch schon auf dem Weg. Bislang gibt es in jeder Gemeinde ein buntes Leben. Es reicht von täglich möglichen Seelsorgerbegegnungen bis hin zu Gruppen und offenen Treffs. Man muss sehen, wie das in neue Formen überführt werden kann“, schildert Steinhauer.

Auch auf Kreissynoden waren neue Wege angesichts der schon länger prognostizierten massiven Umbrüche bereits Thema.

„Konfessionalisierung des Handelns wird sich öffnen“

Die Superintendentin Julia Holtz sagte schon 2019, ihr mache Mut, dass bestimmte Gottesdienstformen durchaus gefragt seien: „Der Trend geht zum Event.“ Open-Air-Tauffeste, Worship-Café oder Angebote der Creativen Kirche seien beliebt, während herkömmliche Kirchengottesdienste an Besuchern verlören. Spiritualität und Sinnsuche lägen zudem im Trend. Gemeinsam überlegt der Kirchenkreis, welche Aufgaben in Zukunft weitergeführt werden sollen. 2021 sprach Holtz davon, dass Kirche sich am Markt behaupten, offener, diverser, flexibler werden müsse. Der Prozess sei vor über zehn Jahren angestoßen worden.

Aufbruchsstimmung und Mut brauche und gebe es, so Steinhauer. Über neue Wege nachzudenken „kann viel Kreativität und Kraft freisetzen“, ist er überzeugt. Unumgänglich sei, dass neue Kooperationspartner auch mit anderen gesellschaftlichen Einrichtungen gefunden werden müssten.

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Kürzlich erst habe er mit Mitgliedern anderer Religionen zusammengesessen. Auch hier müsste man schauen, wie gemeinsame Angebote geschaffen werden könnten. „Zu uns kommen auch viele, die keine Konfession oder eine andere Konfession haben. Die Konfessionalisierung des Handelns wird sich öffnen“, ist er sich sicher.

Einwerben von Spenden

Wo die Aufgabenbereiche liegen, das müsse abgewogen werden, so Pfarrer Udo Polenske aus Hattingen. Werbung sei notwendig, denn er ist überzeugt, „dass wir hervorragende Arbeit machen“. Zwar stürme der Kirche derzeit Wind entgegen, aber „auf der anderen Seite kommen viele zu uns, die mitmachen wollen und sich einbringen“.

Pfarrer Udo Polenske zeigt einen Glockenhammer in der Kirche St. Georg in Hattingen. Ein Hammer ist defekt, muss repariert werden – dafür sammelt er Spenden. Denn auf Kirchensteuer allein könnten Gemeinden nicht mehr setzen angesichts des Mitgliederschwunds.
Pfarrer Udo Polenske zeigt einen Glockenhammer in der Kirche St. Georg in Hattingen. Ein Hammer ist defekt, muss repariert werden – dafür sammelt er Spenden. Denn auf Kirchensteuer allein könnten Gemeinden nicht mehr setzen angesichts des Mitgliederschwunds. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Viel mehr als bisher müsse die Kirche auf Unterstützung und Spenden der Menschen setzen. „Ich bin absolut zuversichtlich, dass das gelingt“. Keine große Arbeit hätte es „in den letzten acht, neun Jahren an der St.-Georgs-Kirche gegeben, die nicht mit reinen Spenden“ gestemmt worden wäre. Gerade sammelt er für die Reparatur des Hammers der Totenglocke.

Fundraising als eine zusätzliche Säule der Finanzierung

Hansjörg Federmann, einst Pfarrer in Hattingen und jetzt in der Evangelischen Kirchen von Westfalen zuständig für Mitgliederbindung und Fundraising, wirbt dafür, das Fundraising auszubauen, um so eine zusätzliche Säule der Finanzierung neben der Kirchensteuer zu etablieren.