Hattingen. Alle sind da, nur der Angeklagte erscheint nicht zum Prozesstermin. Was dann passiert, erklärt Hattingens Amtsgerichtsdirektor Christian Amann.

Es passiert immer wieder: Alle sind da und im Gerichtssaal ist Warten angesagt. Denn die wichtigste Person fehlt: der oder die Angeklagte. Amtsgerichtsdirektor Christian Amann erklärt, welche Hebel Richter ansetzen können, damit Angeklagte ihrer Vorladung Folge leisten.

Was kann das Gericht machen, damit die Angeklagten erscheinen?

Amann: Zunächst wird überprüft, ob bei Gericht alles erwartungsgemäß gelaufen ist. Wenn das der Fall ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten, um an den Angeklagten heranzukommen.

Wie sind dann die Wege?

Es ist die Frage, ob der Angeklagte eine triftige Entschuldigung hat. Zum Beispiel ein ärztliches Attest vorlegt wird, dass er erkrankt und nicht reise- oder verhandlungsfähig ist. Ein normaler Krankenschein reicht da nicht aus. Wenn wir Zweifel haben, müssen uns die Ärzte eine fundierte Auskunft geben, denn sie sind in einem solchen Fall von der Schweigepflicht entbunden.

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Wenn ein solches Dokument nicht vorhanden ist, was machen Sie dann?

Man kann eine polizeiliche Vorführung und einen neuen Termin festsetzen. Dann wird geguckt, wo sich der Angeklagte aufhält, in der Schule oder bei der Arbeit. Gerade bei Jugendlichen muss man aber mit Fingerspitzengefühl vorgehen. Im Erwachsenenstrafrecht kann man durchaus direkt die Polizei anrufen, die sofort losfährt und den Angeklagten, wenn sie ihn denn findet, dem Gericht direkt zuführt.

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Gibt es noch härtere Maßnahmen, die angewendet werden?

Wenn man nicht weiß, wo sich der Angeklagte aufhält und es sich zum Beispiel um Straftaten wie Raub oder gefährliche Körperverletzung handelt, kann man einen Haftbefehl erlassen. Wenn die Polizei den Gesuchten findet, wird er bis zur Verhandlung in Untersuchungshaft genommen. Die Angeklagten müssen nicht meinen, dass sie einem auf der Nase herumtanzen können.

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Wie lange darf die Untersuchungshaft dauern?

Bis zu sechs Monaten. Wobei man auch da wieder vorsichtiger vorgeht, wenn es sich um Jugendliche oder junge Erwachsene zwischen 18 und 20 Jahren handelt. Aber eine solche Maßnahme wirkt bei sehr vielen Menschen.

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Sind damit die Möglichkeiten des Gerichts ausgeschöpft?

Nein, wenn es um Erwachsene geht, kann man im Gericht auch einen Strafbefehl erlassen. Das geschieht auf der Grundlage der Anklage. Ein Beispiel: Wenn jemand wegen Körperverletzung angeklagt ist, kann das Gericht einen Strafbefehl über 800 Euro erlassen, wenn der Angeklagte nicht erschienen ist. Das ist vergleichbar mit einem Urteil.

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Bei welchen Delikten drücken sich die Angeklagten besonders oft, vor Gericht zu erscheinen?

Bei Ordnungswidrigkeiten. Wenn jemand etwa einen Bußgeldbescheid bekommen hat, weil er 40 km/h zu schnell gefahren ist, 200 Euro bezahlen soll, einen Monat Fahrverbot bekommen und Einspruch dagegen eingelegt hat. Dann gibt es ein gerichtliches Verfahren.

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Welche Beweismittel gibt es?

Entweder es liegt ein Bild des Angeklagten vor oder es wird über das Mess-System der Polizei bewiesen.

Wenn man ein Bild des Fahrers hat, ist die Lage doch klar, oder?

Nicht unbedingt. Es kommt immer wieder vor, dass der Angeklagte behauptet, es sei kein Foto von ihm oder es sei sein Zwillingsbruder.

Welche Handhabe hat das Gericht in solchen Fällen?

Dann wird ein Arzt, ein Spezialist, hinzugezogen, der direkt im Gerichtssaal ein Gutachten erstellt. Es wird ein Foto des Angeklagten gemacht und nach bestimmten Kriterien mit der vorliegenden Aufnahme verglichen und ausgewertet.