Hattingen. Geldwäsche nach Komplimenten: Eine Auszubildende aus Hattingen fällt auf einen Betrüger herein – und landet vor Gericht. So lief der Prozess.
Das Wort „naiv“ fiel mehrfach in Bezug auf die Angeklagte. Wegen Geldwäsche und Ausspähens von Daten stand die 22-Jährige vor dem Hattinger Amtsgericht.
Über Instagram hatte sie einen Mann kennengelernt, der sich „Ali“ nannte, angeblich 23 Jahre alt war und in Köln wohnt. Er machte ihr Komplimente und sie war sich sicher, dass sie ihm vertrauen konnte. Und das bereits nach einer Woche.
Er wollte ihr Angst machen
Dann nämlich kam von ihm die „Bitte“ an die Altenpflege-Schülerin, sie solle ihm ihre Bankdaten nennen. Er wolle 4900 Euro überweisen und sie solle das Geld auf unterschiedliche Konten weiterleiten. Als sie zögerte, wurde „Ali“ deutlicher im Ton. Er drohte ihr.
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„Er wollte ihr Angst machen. Er sagte, er wisse, wie sie heißt und wo sie wohnt“, erklärte ihr Anwalt Tim Salewski. Sie gab ihm ihre kompletten Bankdaten heraus – einschließlich Zugangsmöglichkeit und Passwort.
Geldinstitut ersetzt fast die gesamte Summe
Richter Johannes Kimmeskamp und der Staatsanwalt waren sichtlich erstaunt über so viel Naivität. „Hat er denn auch eine gute Geschichte dazu erzählt“, wollte der Richter wissen. „Nein, er hat mir anfangs nur Komplimente gemacht“, sagte die 22-Jährige.
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„Ich hatte hier schon Fälle, dass jemand seine Bankdaten herausgegeben hat. Aber, dass jemand seine komplette Identität preisgibt, das hab’ ich noch nicht erlebt“, sagte der Richter völlig verblüfft.
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Als sie dann das Geld verteilen sollte, wie Ali ihr befohlen hatte, hatte die Bank längst den Daumen auf ihrem Konto. „Ich hatte keinen Zugriff mehr“, schilderte die Auszubildende. Verteidiger Salewski erklärte dann, dass sich zumindest der finanzielle Schaden in Grenzen hält. Denn der Bankkunde, von dessen Konto das Geld verschwunden war, hat fast die gesamte Summe von seinem Geldinstitut ersetzt bekommen.
Verfahren vorläufig eingestellt
Warum das so war, ob die Bank selbst einen Fehler gemacht hatte, konnte vor Gericht nicht geklärt werden. „Am Ende sind Sie ja selbst betrogen worden“, stellte Johannes Kimmeskamp fest.
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Der Staatsanwalt fasste dann noch einmal die Geschehnisse zusammen und rang um die richtige Formulierung. „Der Grund für Ihre bedingungslose Hingabe, so will ich es mal nennen, war also, dass Ali Ihnen Komplimente gemacht hat. Das war der Grund für Sie, ihm zu vertrauen. Ein Denkzettel für Sie wäre wirklich angebracht.“
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Tim Salewski bat darum, der Auszubildenden maximal eine Strafe von 600 Euro aufzuerlegen. Johannes Kimmeskamp ließ sich darauf ein und stellte das Verfahren vorläufig ein. Aber nur unter der Voraussetzung, dass die junge Frau in monatlichen Raten von 100 Euro 300 Euro an den Geschädigten bezahlt und 300 Euro an den Kinderschutzbund Sprockhövel.