Hattingen. Ihr Leben ist schon in jungen Jahren aus den Fugen geraten. Steht immer wieder in Hattingen vor Gericht. Ein letzter Appell des Amtsrichters.
Mit einem eindringlichen Appell wendet sich Amtsrichter Christian Amann an die Angeklagte, die zum wiederholten Mal vor Gericht steht. „Wir wollen Ihnen helfen, eine Perspektive für Ihr Leben zu bekommen. Lassen Sie sich helfen“, sagt er. Das Leben der 20-Jährigen ist seit Jahren aus den Fugen geraten.
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Das bestätigt auch Thomas Behr von der Jugendgerichtshilfe. Immer wieder wird sie beim Schwarzfahren erwischt, hält Termine nicht ein, nimmt Hilfsangebote plötzlich nicht mehr an. Diesmal muss sie sich wieder wegen Schwarzfahrens verantworten.
Richter fragt nach, warum sie sich so verhält
Richter Amann fragt nach, warum sie sich so verhält, obwohl sie so viele Menschen unterstützen wollen. Warum sie am 29. April dieses Jahres wieder ganz bewusst schwarzgefahren ist? „Die Idee war doch immer, ihnen auf die Beine zu helfen.“ Ja, das wisse sie – „aber ich fall’ immer wieder in das Loch. Wenn ich Termine habe, denk ich drei Stunden vorher, ich muss dahin. Aber, was ist, wenn ich etwas falsch mache?“ Wenn man Termine einhalte, könne man nichts falsch machen, betont der Richter. Sie müsse an sich arbeiten, ohne ihr Zutun komme man nicht weiter.
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Einen Schulabschluss hat sie nicht. Der letzte offizielle Termin, der mit Schule zusammenhing, sei 2017 gewesen, sagt sie. Seit fünf Jahren mache sie nichts, keine Ausbildung, keine Arbeit. Die Therapie bei einer Traumatherapeutin hat sie nach kurzer Zeit verweigert.
„Sie braucht dringend eine Therapie“
Da sollte die Zeit aufgearbeitet werden, in der sie schon als kleines Kind immer wieder in Heime abgegeben wurde, dann wieder bei ihrer drogensüchtigen Mutter lebte und dann wieder von Heim zu Heim gereicht wurde. Die Mutter hatte sich vor vielen Jahren selbst ans Jugendamt gewendet, sagt Thomas Behr. Die junge Angeklagte sei „nicht böse, aber krank“, erklärt er. „Ich vermute, dass sie eine bipolare Störung hat, also mal himmelhochjauchzend, dann wieder zu Tode betrübt. Auch das HAZ habe versucht, ihr eine Struktur zu geben, was aber auch nicht funktioniert habe. „Sie braucht dringend eine Therapie.“
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Richter Amann redete der 20-Jährigen eindringlich ins Gewissen. Einen Therapieplatz zu bekommen, sei schon nicht einfach, aber sie müsse an sich arbeiten und sich auch helfen lassen. „Wenn sie erwachsen sind, ist es vorbei. Dann geht in solchen Fällen nur noch Geldstrafe oder Freiheitsstrafe“, stellt er klar. Sechs Monate auf Bewährung lautet das Strafmaß. Und: Thomas Behr wird ihr ab sofort als Betreuer zur Seite gestellt.