Hattingen. Ein in Hattingen geparkter Amazon-Lieferwagen erschwerte einem Schrotthändler das Durchkommen. So reagierte er – so lief der Gerichtsprozess.

Es ist ein Umstand, den es im Zuge zunehmender Paketbestellungen immer wieder gibt: Ein Amazon-Lieferwagen, der für die Auslieferung der Ware kurz auf der Straße geparkt ist, erschwert einem anderen Verkehrsteilnehmer das Durchkommen. Ein Schrotthändler indes reagierte auf eine solche Situation äußerst ungehalten – und musste sich nun dafür vor dem Amtsgericht Hattingen verantworten.

Mit einer Eisenstange bedroht

Zusammen mit seinem Cousin A. befuhr der 29-jährige Familienvater J. am 10. Februar mit einem Kleintransporter die Wilhelmstraße in Hattingen. Weil ein Lieferwagen die ohnehin enge Einbahnstraße noch zusätzlich verengte, musste er mit seinem Kleintransporter teils auf den Seitenstreifen ausweichen. Darüber muss er sich wohl massiv geärgert haben. Laut Anklage jedenfalls soll der 29-Jährige den Fahrer nicht nur schwer beleidigt haben, er und sein Cousin sollen diesen auch mit einer Eisenstange bedroht und mit der Faust geschlagen haben. Zudem, so der Vertreter der Staatsanwaltschaft, soll J. später noch mit hoher Geschwindigkeit mit dem Kleintransporter auf den Amazon-Lieferanten zugefahren sein. Jener habe sich nur durch einen Sprung zur Seite retten können.

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Dies alles bestreitet J. vor Gericht indes, sein Cousin ist zum Prozessauftakt nicht einmal anwesend. Er erscheint erst zu den Plädoyers – und erhält einen Strafbefehl.

Am Tattag „ganz normal“ gefahren

J. dagegen lässt dem Gericht über eine Dolmetscherin übermitteln, er sei am Tattag „ganz normal“ gefahren. Er habe den Fahrer zudem weder beleidigt noch tätlich angegriffen, nicht einmal berührt habe er diesen. Und eine Eisenstange habe er zwar dabei gehabt, aber diese habe sich „hinten im Wagen befunden“. Lediglich gefragt habe er den Fahrer einmal, warum jener „Hey“ gerufen habe, sagt J. – „er sah so aus, als wollte er Streit machen“.

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Ganz anders schildert der Geschädigte unterdessen das Geschehene, er bestätigt im Zeugenstand im Kern die Anklage. Klar, J. habe durch die Wilhelmstraße „nicht so gut durchfahren können“ wegen seines geparkten Lkws, so der 28-Jährige Aber dass ihn deswegen jemand beleidige und mit einer Eisenstange bedrohe, das sei ihm zuvor „noch nie passiert“.

Nur den Vorwurf der Körperverletzung gegen J. entkräftet der Geschädigte. Der Angeklagte habe ihm zwar gegen die Hand geschlagen – und das Handy aus der Hand. Aber zu einer schweren Verletzung habe das nicht geführt. „Meine Hand war nur leicht rot.“

„Ich dachte, jetzt überfahren die ihn“

Dass J. später dann auch noch auf ihn zufuhr, „ist, glaube ich, Absicht gewesen“, sagt der Zeuge. Eine Anwohnerin, die das Geschehen von ihrem Fenster aus beobachtet hat, beschreibt diese Situation sogar als lebensbedrohlich. „Ich dachte, jetzt überfahren die ihn.“

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Die Vorwürfe der Beleidigung, der Bedrohung sieht der Vertreter der Staatsanwaltschaft nach Abschluss der Beweisaufnahme als erwiesen an, außerdem statt eines „nur“ fahrlässigen einen sogar vorsätzlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Für den einschlägig vorbestraften J. fordert er sodann eine siebenmonatige Freiheitsstrafe mit zweijähriger Bewährung und den Entzug der Fahrerlaubnis für zwei Jahre. Dem entspricht Richter Johannes Kimmeskamp. Kurz darauf fragt der Angeklagte mehrfach nach, wann genau denn seine Bewährungsfrist ablaufe. Und warum er überhaupt bestraft werde. „Mein Cousin und ich, wir haben uns doch nur mit einer anderen Person unterhalten.“