Hattingen. Rund 630 Impfgegner, Querdenker und Politikverdrossene haben in Hattingen gegen die Corona- und Energiepolitik protestiert. So lief die Aktion.

Sie sind laut und trommeln vor allem gegen Politik und Medien. Rund 630 Impfgegner, Querdenker und Politikverdrossene haben am Sonntag in der Innenstadt von Hattingen auf sich aufmerksam und ihrem Ärger Luft gemacht. Die Veranstaltung verlief friedlich.

Aufgerufen zu der mehrstündigen Aktion hat die Gruppierung „Bergisches Erwachen“, die in Wuppertal und Solingen bereits Demonstrationszüge dieser Art durchgeführt hat. Die Polizei registriert dabei, dass ein großer Anteil an Teilnehmer immer derselbe ist. Viele Gruppen kommen aus Städten im Umland. So war es auch in Hattingen.

Noch mehr Freunde aus anderen Städten

Die Veranstalter beschreiben dann auch, warum diese neue Form des Protestes an Sonntagnachmittagen stattfindet. Sie wollen auf diese Wiese „noch mehr Freunde aus anderen Städten“ hinter den Aktionen versammeln.

Auch über Durchgangsstraßen ging es zu mehreren kleinen Kundgebungen am Rande der Innenstadt.
Auch über Durchgangsstraßen ging es zu mehreren kleinen Kundgebungen am Rande der Innenstadt. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Angemeldet hat die Versammlung nach Angaben der Polizei eine Privatperson aus Hattingen. Angekündigt war die Veranstaltung als „rhythmisch-musikalischer Protest für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung“.

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Unter diesem Titel firmieren auch die Montagsdemos in der Innenstadt, die stets mit ohrenbetäubenden Trommelwirbeln verbunden sind. Der ließ dann auch am Sonntag nicht lange auf sich warten. Zudem hatten die Organisatoren dazu aufrufen, Megafone, Plakate, Schilder und Banner mitzubringen.

Strikte Ablehnung der Coronaregeln

Ab 14 Uhr versammeln sich die Protestler auf dem Platz vor dem Reschop Carré. „Wir sind die Rote Linie“ steht auf den Plakaten, „Die Krise heißt Kapitalismus“ oder „Völker wollen keinen Krieg, nur Politiker“. Allgegenwärtig ist bei dem Protest die strikte Ablehnung der Coronaregeln. Um 14.45 Uhr stoßen dann die Trommler dazu und es beginnt ein Programm mit Reden und musikalischen Beiträgen.

Musikbeiträge zählten zum Programm, das die Gruppierung „Bergisches Erwachen“ organisiert hat.
Musikbeiträge zählten zum Programm, das die Gruppierung „Bergisches Erwachen“ organisiert hat. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Von „Flagge zeigen“ ist dabei öfter die Rede. Das tut auch die Gruppe „Demokratie leben in Hattingen“. Sie hat auf dem Platz ein Plakat aufgehängt: „Wer nach Lösungen für Missstände sucht, sollte zuerst den konstruktiven Dialog wählen – nicht nur trommeln und schreien“ steht darauf.

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Die Gegendemonstration bleibt stumm. Öffentlichen Protest gegen den auf die Straße getragenen Unmut gibt es nicht – auch um Eskalationen zu vermeiden, wie ein Lokalpolitiker sagt.

Mehrere sehen sich die Veranstaltung allerdings an. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Stadtverwaltung sind da.

Das sagt der NRW-Verfassungsschutz

Der NRW-Verfassungsschutz schätzt die Gruppierung „Bergisches Erwachen“ so ein:

„Die Gruppierung ,Bergisches Erwachen’ organisiert Demonstrationen in ihrer räumlichen Umgebung. Sie ist im Zuge der Covid-19-Pandemie entstanden und reiht sich grundsätzlich in die Reihe der anderen bekannten Gruppierungen der Protestszene ein. Die Agenda der Gruppe wird beispielsweise in dem Aufruf für die Demonstration am 25. September deutlich, wo es heißt: ,Wir schaffen das! Wir schaffen das kranke System ab! Denn sonst schafft es uns!’“

Apropos Eskalation. In mehreren Beiträgen grenzen sich die Veranstalter von der Nazi-Szene ab. Man wolle ohne Parolen und ohne rechte Hetze auf die politische Situation aufmerksam machen, heißt es. Und: „Wir wollen keinen Ärger zwischen uns und der Polizei“. Das sei bei allen „Montags-Spaziergängen“ in Hattingen bisher gut gelaufen und solle auch so bleiben.

Vor dem Reschop Carré startete die Großdemonstration in Hattingen.
Vor dem Reschop Carré startete die Großdemonstration in Hattingen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

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Und dann wird das „gute Verhältnis“ doch auf eine Probe gestellt. Als die Kundgebung sich zum Umzug durch die Stadt formiert und die Fußgängerzone in Richtung Busbahnhof verlassen will, stoppt die Polizei die Demonstranten. Grund: Der Anführer der Trommler-Truppe gibt den Takt auch mit einer Trillerpfeife vor. Das aber haben die Ordnungsbehörden ausdrücklich verboten. Trommeln ja, Trillerpfeifen nein. So stehe es in den Anordnungen zur Veranstaltung.

Mehrere Protestler müssen ihre Trillerpfeifen abgeben

Und die Einsatzleitung bleibt hart. Mehrere Protestler müssen ihre Trillerpfeifen abgeben. Erst dann setzt sich die Marschsäule in Bewegung.

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Auf ihrem Weg rund um die Innenstadt haben die Organisatoren mehrere kleine Kundgebungen vorgesehen – ebenfalls mit Reden und Musik. Auch dabei bleibt die Polizei bei ihrer Einschätzung: „630 Teilnehmer, alles absolut friedlich.

>>> Ein Fotostrecke zur Demonstration finden Sie hier