Hattingen. Mehrerer Straftaten war ein Mann aus Hattingen angeklagt. Eigentlich sollte er ins Gefängnis, dann fällte das Gericht ein ungewöhnliches Urteil.
„Ihr Wort in Gottes Ohren“, war der letzte Satz, den Richter Christian Amann dem Angeklagten mit auf den Weg gab. Trotz sehr langer – vielfach einschlägiger Eintragungen ins Strafregister – bekam der 22-jährige Hattinger noch eine Chance. Eine letzte Chance.
„Es wird schwer, aber ich bin überzeugt, Sie können es schaffen“, machte der Richter dem jungen Mann Mut. Aber er sagte auch klar: „Wenn Sie sich nicht an die Auflagen halten, werden Sie für ein Jahr und acht Monate ins Gefängnis gehen.“ Denn mehr als anderthalb Jahre Freiheitsentzug war das Strafmaß, das das Jugendschöffengericht für die vielfachen Straftaten verhängte.
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Immer wieder beging der 22-Jährige Diebstahl, Betrug, fuhr mehrfach ohne Fahrerlaubnis und ließ seinen Frust raus, indem er auf eine Autoscheibe einschlug – also Sachbeschädigung. Jede Menge an Auflagen muss der Hattinger erfüllen, um nicht ins Gefängnis zu gehen.
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Eine leidenschaftliche Rede zur Situation hielt sein Pflichtverteidiger. Mit gerade mal 15 Jahren sei sein Mandant aus der elterlichen Wohnung geflogen, weil er sich nicht mit dem neuen Lebensgefährten der Mutter verstand. Der Jugendliche schlug sich alleine durch, heuerte bei einer Schaustellerfamilie an. In der Zeit lernte er jemanden kennen, der zurzeit mit Haftbefehl gesucht wird, aber unauffindbar ist.
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Dieser Mann nutzte das Konto des Angeklagten mit dessen Einwilligung. Was der Hattinger nicht wusste: Der Kumpel bot in Kleinanzeigen Produkte an, kassierte das Geld über das Konto des 22-Jährigen und hob es ab. Die versprochene Ware aber verschickte er nicht. Dem Hattinger gab er lediglich 150 Euro von einigen Tausend, die überwiesen worden waren.
Hätte der Angeklagte nicht ausgesagt, hätte das Gericht Zeugen aus ganz Deutschland und aus Kroatien vorladen müssen. Weil sich der Hattinger aber darauf einließ, ein umfassendes Geständnis abzulegen und dem Gericht auf diese Weise immense Kosten und Arbeit ersparte, wurde die Verhandlung für ein sogenanntes Rechtsgespräch längere Zeit unterbrochen.
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Richter, Verteidiger, Staatsanwalt, Jugendgerichtshilfe und Bewährungshelferin diskutierten – ohne Öffentlichkeit – den Fall intensiv. Das Schöffengericht kam dann zu einem Urteil, das eher selten ausgesprochen wird: Nur wenn der Angeklagte sich im nächsten halben Jahr nichts zuschulden kommen lässt, wird der Richter die Strafe von einem Jahr und acht Monaten zur Bewährung aussetzen. Und zwar für drei Jahre.