Hattingen. Ehrenamtliche finden für Einrichtungen in Hattingen keine Nachfolger. Welche Hilferufe eine Politikerin auf ihrer Sommertour noch gehört hat.
Die Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges bereiten den Unternehmen in Hattingen große Probleme und vielen Vereinen Existenzsorgen. Das ist das Fazit, das die SPD-Fraktionsvorsitzende Melanie Witte-Lonsing am Ende ihrer Sommertour 2022 im Gespräch mit der WAZ zieht. „Die Wirtschaftsbetriebe stellen sich auf die Notlagen ein, die schaffen das“, sagt Witte-Lonsing. „Viele Vereine aber stehen vor dem Aus, weil der Nachwuchs fehlt – und es sind nicht nur die kleinen.“
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So habe der Vorstand des Feuerwehrmuseums „Feuer.Wehrk“ beim Besuch der SPD-Fraktionschefin ebenso auf die missliche Lage hingewiesen wie der des Heimatvereins. „In beiden Vereinen wird Tolles geleistet, haben Ehrenamtliche wirklich Vorzeigeangebote aufgebaut“, schildert Witte-Lonsing die Lage. „Doch nun fehlen Nachfolger. Anpacken ja, Organisieren und Führen nein - auf diese Formel lässt sich die aktuelle Situation bringen. Und das gilt nicht nur für Sport- und Kulturvereine.“
Die Sportvereine in Hattingen finden nicht zu ihren Ansprechpartnern
Natürlich könne sie die Probleme nicht lösen, räumt die Sozialdemokratin ein. Aber sie könne Kontakte vermitteln, Ansprechpartner benennen. „In der Sportverwaltung etwa hat es viele Personalwechsel gegeben. Die Vereine finden nicht zu ihren Ansprechpartnern. Da kann ich helfen.“
Womit wir bei der Stadt Hattingen wären. „Beschwerden über die Verwaltung als Dienstleisterin haben sich durch fast alle 17 Gespräche gezogen, die ich bisher geführt habe“, sagt Melanie Witte-Lonsing. „Bürgerbüro, Bauverwaltung, Wirtschaftsförderung – das sind die großen Aufreger bei den Bürgerinnen und Bürgern. Da gibt es großen Handlungsbedarf.“
Die Zustände im Bürgerbüro will die Fraktionsvorsitzende im Herbst wieder auf die politische Tagesordnung setzen. „Wir waren kurz davor, die Kommunalaufsicht zu informieren. Da muss sich endlich etwas ändern“, schimpft Witte-Lonsing.
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„Die Stadtspitze hat immer noch kein Ziel und keinen Weg definiert, was geschehen soll. Und ich kann nicht jeden Mangel immer wieder nur mit Personalnot erklären.“
Rückmeldung sechs Wochen nach Eingang
Bei Bauanträgen habe es einmal eine Selbstverpflichtung der Verwaltung gegeben. Die erste Rückmeldung sei sechs Wochen nach Eingang da. „Jetzt erzählen mir Hattinger Architekten, dass sie Bauwilligen von ihren Plänen abraten: Baut bloß nicht in dieser Stadt, das dauert Jahre.“
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Es gehe nicht um Personalnot, wiederholt die SPD-Fraktionsvorsitzende. „Die Stadt hat als Dienstleisterin ein Riesenproblem. Weil sie ein Führungsproblem hat.“
Neuer Anlauf für eine strategische Partnerschaft
Melanie Witte-Lonsing (51) ist seit 1994 in der Kommunalpolitik aktiv und leitet seit November 2020 den Stadtentwicklungsausschuss.
Im Januar 2022 hat Witte Lonsing den Vorsitz des SPD-Ratsfraktion übernommen. Sie rückte als Stellvertreterin von Achim Paas nach, der die Führung der Fraktion nach mehr als 22 Jahren abgegeben hat und nach Bochum gezogen ist.
In ihrer neuen Funktion will Witte-Lonsing „einen neuen Anlauf für eine strategische Partnerschaft im Rat der Stadt unternehmen. Es kann nicht sein, dass sich Fraktionen trotz gleicher Interessen bei Abstimmungen blockieren, weil sie in Nuancen nicht aufeinander zugehen.“
Vorstöße der SPD für eine strategische Partnerschaft mit den Grünen hatte es immer wieder gegeben – bisher ohne Erfolg.
Hilfestellungen würden nicht angenommen, meint die Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses. Und erzählt aus ihrem Fachgebiet. NRW Urban dränge sich bei der Unterstützung in Sachen Stadtentwicklung geradezu auf. Nur zögerlich lasse sich die Kommune helfen.
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Neue Wege vermisst die Sozialdemokratin komplett. Und nennt als Beispiel den Wohnungsbau. „In Münster werden Bauprojekte jetzt nicht mehr nach Höchstgebot vergeben, sondern nach der zu erwartenden Nettokaltmiete. Das hilft den Bürgerinnen und Bürgern.“