Hattingen. Ein 42-jähriger Mann aus Hattingen stand nicht nur wegen Körperverletzung vor Gericht. Was ihm vorgeworfen wird und wie der Prozess verlief.
Bedrohung, Beleidigung, gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung – die Liste der Vorwürfe vor Gericht war lang. Und in fast jedem Punkt reichte es am Ende des langen Verhandlungstages auch für eine Verurteilung.
Der 42-jährige Syrer aber stritt alle Vorwürfe ab, so dass das Schöffengericht auf die Beweislage durch die Zeugen angewiesen war. Und die schilderten zum Teil völlig identisch die Abläufe von unterschiedlichen Taten.
Dann holte er aus dem nahen Gebüsch einen dicken Ast
Als teilweise sehr aggressiv wurde der Angeklagte von zwei Mitarbeiterinnen des Jobcenters beschrieben. Während der 42-Jährige bestritt, überhaupt jemals direkten Kontakt mit den Bediensteten gehabt zu haben, schilderten Mitarbeiter, dass Gespräche sowohl auf auf Arabisch, als auch auf Deutsch geführt wurden. Und zwar immer dann, wenn der Angeklagte mal wieder Unterlagen nicht eingereicht hatte, die das Amt aber zur Auszahlung von Hartz IV benötigte.
Der 42-Jährige aus Aleppo erklärte, vor seiner Flucht nach Deutschland sei die Zeit in seiner Heimatstadt sehr problematisch gewesen. Seitdem habe er ein psychisches Problem. Besonders gravierend war ein Vorfall am 13. August 2021 auf dem Parkplatz am Jobcenter. Es war nach zwölf Uhr und eine Angestellte ging gerade zu ihrem Wagen, um nach Hause zu fahren.
1800 Euro betrug der Schaden an ihrem Wagen
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Da kam der Angeklagte auf sie zu, bedrohte sie, forderte 50 Euro, weil er schon seit Wochen kein Geld mehr bekommen habe. Dann holte er aus dem nahen Gebüsch einen dicken Ast und schlug auf ihren Wagen ein. „Ich habe absolute Panik bekommen, bin losgefahren und über eine rote Ampel. Erst als ich weg war, habe ich die Polizei angerufen“, schilderte sie unter Tränen.
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Sichtlich aufgewühlt erzählte sie von Ihrer Angst, die sie bis heute nicht mehr losgelassen hat. Immer wieder weinte sie, während der Angeklagte mit breitem Grinsen der Simultanübersetzung ins Arabische zuhörte. 1800 Euro betrug der Schaden an ihrem Wagen, auch das Auto einer Mitarbeiterin des Jobcenters, die im Sicherheitsbereich arbeitete, demolierte der Angeklagte. Der Schaden betrug 1000 Euro. Nach den Vorfällen wies der Chef der Jobcenter-Abteilung noch am Freitag eine Geldzahlung an den Angeklagten an, da es offenbar Unstimmigkeiten über die Zahlungen gegeben hatte.
Dann hätte der Beschuldigte plötzlich geschossen
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Für eine weitere Tat musste sich der 42-Jährige verantworten. Mehrere Zeugen erklärten, dass der Angeklagte vor Kaufland zwei- bis dreimal mit einer Waffe geschossen habe. Auch diesen Vorwurf bestritt der Angeklagte. Er habe gar kein Geld, sich eine Waffe zu kaufen, war seine Einlassung. Die Zeugen aber schilderten den Abend sehr konkret. Man habe sich zufällig in der Altstadt getroffen und darüber diskutiert, dass der Beschuldigte einem anderen Syrer einen Zehn-Euro-Falschgeldschein gegeben habe.
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Dann hätte der Beschuldigte plötzlich geschossen. Ob es sich um eine scharfe Waffe gehandelt hat, ob es eine Pistole oder ein Revolver war, das konnte das Gericht nicht klären. Es ging nachher davon aus, dass es eine Gas- oder Schreckschusspistole war.
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„Aber auch mit einer solchen Waffe kann man Menschen verletzen“, betonte die Staatsanwältin und forderte eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Verteidiger Peter Steffen aber sah das Strafmaß anders. „Ich plädiere für eine Strafe unter zwei Jahren, die auf Bewährung ausgesetzt wird.“ Das Gericht kam schließlich zu dem Urteil: Zwei Jahre Freiheitsentzug auf eine Bewährungszeit von drei Jahren.