Hattingen. Zwei Männer haben eine junge Frau (20) unter Druck gesetzt und zum Abschluss von Handyverträgen gedrängt. Jetzt war das ein Fall fürs Gericht.

Da gehen die Beurteilungen zwischen Staatsanwalt Bolik und Verteidiger Pindur am Amtsgericht Hattingen aber weit auseinander.

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Schaden insgesamt: rund 3000 Euro

Angeklagt sind zwei junge Männer, die eine junge Frau (20) Handyverträge und mehr auf deren Namen abschließen ließen, weil sie selbst kein Geld hatten. Schaden insgesamt: rund 3000 Euro. Es sei maximal an der Grenze zum Betrug, meint der Verteidiger und plädiert für eine Geldstrafe. „Es ist immer dasselbe kriminelle Vorgehen. Wie oft hab ich diese Masche schon erlebt“, platzt es aus dem Staatsanwalt heraus. Er fordert für den Haupttäter eine Freiheitsstrafe.

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Weil sich die 29-jährigen Männer zu Beginn der Verhandlung entscheiden, nicht auszusagen, muss die Zeugin das Geschehen Ende 2020 ausführlich darstellen.

Die junge Frau, die in einer Wohngruppe lebt, hatte die beiden erst einige Wochen vorher kennengelernt. Sie stößt am Busbahnhof in Niedersprockhövel auf eine ganze Gruppe von Männern und wird gefragt, ob sie ein Konto habe.

Sie zögert, hat Angst vor den Männern

Als sie das bejaht, wird sie aufgefordert, mit ihnen in ein Elektronikgeschäft in Hattingen zu gehen, ihren Namen herzugeben und natürlich Unterschriften zu leisten, weil sie Handys benötigten, aber kein Geld hätten. Die Ausgaben würde sie natürlich zurückbekommen. Sie zögert, hat Angst vor den Männern. Es wird ein weiteres Treffen vereinbart, bei dem ihr die Angeklagten in barschem Ton klarmachen, dass sie zwischen 70 und 80 Euro bezahlen müsse, wenn sie dem nicht nachkommt. Also lässt sie sich darauf ein und fährt mit den Angeklagten nach Hattingen.

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Was die junge Frau dann schildert, bezeichnet der Staatsanwalt als „absolut typisch für diese Art der Kriminalität“. Am Informationsstand bekommt sie gar nicht genau mit, was die beiden Männer bestellen und um welche Artikel es geht. Ihr werden später nur diverse Unterlagen vorgelegt, die sie jeweils unterschreiben muss, ohne die Zeit zu haben, sich alles genau durchzulesen, wie sie sagt. Immer wieder erklärt sie, sie habe „Angst gehabt und sich machtlos gefühlt“. Dann flattert ihr irgendwann ein Mahnbescheid und schließlich ein Vollstreckungsbescheid ins Haus.

Inzwischen wird auch die Polizei eingeschaltet, die junge Frau hat sich einer Betreuerin anvertraut.

Der Verteidiger will immer mehr Details

Der Verteidiger will immer mehr Details von der Zeugin erfahren. Ob sie wisse, wie viele Handys gekauft wurden, wo die Tüte auf der Rückfahrt nach Sprockhövel lag, was im Auto gesprochen wurde, warum sie überhaupt unterschrieben hätte, wieso sie nicht gesagt habe, dass sie auf der Rückfahrt 100 oder 150 Euro bekommen habe.

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Das geht so lange, bis die 20-Jährige in Tränen aufgelöst ist, während sich die Angeklagten immer wieder kurze Blicke zuwerfen, gepaart mit einem Grinsen.

Der Staatsanwalt geht dazwischen

Der Staatsanwalt geht dazwischen. „Dieses Kriminalitätsverhalten ist durchaus üblich. Auch wenn es einige Unstimmigkeiten gibt, es ist immer dasselbe. Es geht um eine schüchterne, junge Frau. Solche Menschen werden unter Druck gesetzt, wissen gar nicht genau, was eigentlich vorgeht, man verspricht ihnen Liebe oder sonst etwas. Die Zeugin ist doch die Geschädigte.“

In schweren Fällen bis zu zehn Jahre Haft

Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Dabei kann es sich um Vorspiegelung falscher Tatsachen handeln oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen, wenn dadurch ein Irrtum erregt wird. So sieht es das Gesetz vor.

Auch der Versuch ist bereits strafbar. In besonders schweren Fällen ist die Strafe eine Freiheitsstrafe, bei der das Strafmaß zwischen sechs Monaten bis zu zehn Jahren festgelegt wird.

Staatsanwalt Bolik fordert wegen gemeinschaftlichen Betrugs für einen Angeklagten lediglich eine Geldstrafe von 1400 Euro. Für den Kompagnon indes, der eine lange Liste von Straftaten aufweist und einschlägig vorbestraft ist, sechs Monate Haft auf Bewährung und 150 Arbeitsstunden. Dem folgt Richter Kimmeskamp.