Hattingen. Das Wohnquartier Pottacker in Hattingen wird nicht so gebaut, wie lange geplant. Es gibt eine Kehrtwende zu Barrierefreiheit und Sozialwohnungen.

Das Wohnquartier Pottacker in der nördlichen Innenstadt von Hattingen wird komplett umgeplant. SPD und Grüne haben im Rat der Stadt durchgesetzt, dass die Reihen- und Einzelhausstruktur des neuen Viertels aufgegeben und mehr Wert auf Barrierefreiheit und sozialen Wohnungsbau gelegt wird. CDU und FDP befürchten nun eine „Plattenbau-Siedlung“ und warnen vor jahrelangen Verzögerungen bis zum Baustart.

Eigentlich sollte es am Pottacker gerade jetzt so richtig losgehen. Die Stadt Hattingen wollte mit der Vermarktung und der Ausschreibung der ersten Grundstücks-Tranchen für die insgesamt 110 Wohneinheiten beginnen.

2009 war der Pottacker in Hattingen erstmals als neues Wohnquartier im Gespräch

Das Areal, auf dem zuletzt Kleingärten standen, beschäftigt Rat und Verwaltung seit vielen Jahren. 2009 war die langgezogene Fläche erstmals als Standort für ein nachhaltiges Wohnquartier im Gespräch, 2013 lagen die Planungen auf dem Tisch, 2015 war dann erster Spatenstich für die Erschließungsarbeiten.

2016 haben die Erschließungsarbeiten stattgefunden. Eine Baustraße wurde angelegt. Dabei ist es dann bis heute geblieben.
2016 haben die Erschließungsarbeiten stattgefunden. Eine Baustraße wurde angelegt. Dabei ist es dann bis heute geblieben. © FUNKE Foto Services | Volker Speckenwirth

Genau dieser lange Zeitraum hat SPD und Grüne jetzt zu ihrem Vorstoß zusammengeführt. „Die 2009 erklärten Ziele sind nicht mehr zeitgemäß“, betonen die Fraktionsvorsitzenden Melanie Witte-Lonsing (SPD) und Oliver Degner (Grüne) ihren Ruf nach einem völlig neuen Anlauf. Sie fordern neben einer Neuausrichtung des Klimaschutzes auch eine Anpassung an die aktuellen Herausforderungen des Wohnungsmarktes.

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Baulich seien die bisher geplanten Tiefgaragen nur ein Beispiel „für die aus der Zeit gefallenen Planung“, meinen Witte-Lonsing und Degner. Inhaltlich fehle gerade in direkter Nähe zur Innenstadt barrierefreier und bezahlbarer Wohnraum.

Baudezernent sieht den Zeitplan kritisch

CDU und FDP haben schlimme Befürchtungen. „Die aktuellen Planungen mit individuellen Häusern und viel Grün dazwischen sind an der Stelle genau richtig“, argumentiert CDU-Fraktionschef Gerhard Nörenberg. Sie passten wunderbar zum Stadtbild, sorgten für gutes Klima und verhinderten Hitzetote. „Was wir nicht brauchen, ist ein Massenquartier.“

Vom Blockheizkraftwerk zu Wärmepumpen

Im November 2021 erst hatten Stadt und Stadtwerke einen Technik-Wechsel am Pottacker verkündet: Die Klimaschutzsiedlung sollte nun doch nicht mit einem Blockheizkraftwerk beheizt werden, sondern mit Wärmepumpen. Der Ausschuss für Umwelt, Mobilität und Klimaschutz hat diese Änderung einstimmig beschlossen.

Dass es am Pottacker nicht schneller weiterging, liegt einerseits daran, dass der Stadt immer noch nicht alle Flächen im Baugebiet gehören. Zwei Eigentümer weigern sich hartnäckig, ihre Grundstücke zu verkaufen. Im südlichen Baufeld wurde bereits entsprechend umgeplant. Zudem war die Vermarktung in sieben Tranchen schwierig.

Marc Bartrina von der FDP befürchtet jahrelange Verzögerungen, wenn jetzt alles umgeplant werde. „Wir brauchen die Wohnungen jetzt und sollten unverzüglich mit dem Bauen starten.“

Doch daraus wird nun nichts. SPD und Grüne setzten sich mit 25 gegen 16 Stimmen bei drei Enthaltungen im Rat der Stadt durch. Ihren Zeitplan, bis Ende 2022 Beschlüsse über die alternativen Zielvorstellungen zu fassen und spätestens 2023 in die konkrete Umsetzung zu gehen, sieht Jens Hendrix indes kritisch.

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„Selbst wenn wir in 2022 alle Vorplanungen hinbekommen und im nächsten Jahr dann die erforderliche Bürgerbeteiligung und alle weiteren Planungsschritte, müssen wir für das Bebauungsplanverfahren zwei Jahre ansetzen“, sagt der Baudezernent. „Vor 2026 ist an einen Baustart nicht zu denken.“

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Das wäre dann 17 Jahre nach den ersten Überlegungen, den Pottacker zu einem attraktiven Innenstadt-Wohnquartier zu entwickeln.