Hattingen/Essen. 120 Briefe aus Hattingen hat der Essener Bischof Overbeck im Zuge der Aktion Klagemauer erhalten. Nun hat er auf Wut, Protest und Kritik reagiert.

Fehler und Versäumnisse der katholischen Kirche im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandalen gesteht der Essener Bischof Overbeck in einer Antwort an die Pfarrei St. Peter und Paul ein. Im Zuge der Aktion Klagemauer hatten ihm Vertreter aus Hattingen 120 Schreiben überreicht, in denen Gemeindemitglieder Wut, Enttäuschung und Protest zum Ausdruck bringen.

In Brief an Pfarrei in Hattingen geht Bischof auf die Schuld der Kirche ein

„Unter dem Deckmantel von Religion und Glaube sind Verbrechen geschehen. Aber für die Opfer, die Betroffenen der sexualisierten Gewalt, interessierte sich niemand. Alles drehte sich um den Schutz der Kirche und ihrer übergriffigen Priester“, schreibt Overbeck in seinem Brief.

Bischof Overbeck: Für das Bistum eine eigene Studie zu sexuellem Missbrauch in Auftrag gegeben.
Bischof Overbeck: Für das Bistum eine eigene Studie zu sexuellem Missbrauch in Auftrag gegeben. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Das Ausmaß der Verbrechen habe er sich bis 2010 nicht vorstellen können, erklärt der Bischof. „Vor allem die Begegnungen mit den Betroffenen sexualisierter Gewalt haben mir die Augen geöffnet.“ Es sei unfassbar, wie viele Lebensgeschichten dadurch schwer beeinträchtigt oder sogar zerstört worden seien. Eine eigene Studie zum sexuellen Missbrauch in der Geschichte des Ruhrbistums werde im Laufe dieses Jahres wahrscheinlich auch zeigen, „dass es bei uns ähnlich war wie anderswo.“

Die Ursachen für die Verbrechen sieht er in „grundsätzlichen Missständen in der katholischen Kirche. Dem können wir nur noch echte Veränderung und Erneuerung entgegensetzen.“ Auf „verantwortbare und notwendige Reformen“ kommt Overbeck auch im weiteren Verlauf des Briefes zu sprechen. Denn zu den Rückmeldungen hätten auch solche gehört, die von der Kirche fordern würden, die Wirklichkeit ernst zu nehmen.

Unmut der Gläubigen hat für Overbeck viele Gründe

Er selbst setzt sich, wie der Bischof schreibt, für den so genannten Synodalen Weg in Deutschland ein. Es gehe um Veränderungen in der Verteilung von Macht, die Frage nach dem Zölibat, dem Zugang von Frauen zu kirchlichen Ämtern und Leitungspositionen und einer zeitgemäßen Sexualmoral. Der Unmut von so vielen Gläubigen, die sich in diesen Jahren entsetzt und enttäuscht von unserer Kirche abwenden, habe zahlreiche Gründe, „die ich sehr ernst nehme“, heißt es weiter. Vieles davon werde in der ,Aktion Klagemauer‘ deutlich. Die Kirche müsse sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen. Was sie genau bedeuten, lasse sich nur gemeinsam erkunden und bestimmen.

Die Aktion macht aus Sicht von Overbeck deutlich, dass in der Pfarrei Wille und Bereitschaft bestehe, trotz der Abgründe, in den die Kirche geraten sei, an notwendigen Veränderungen mitzuwirken.