Hattingen. Die Stadt Hattingen will die beiden Lehrschwimmbecken künftig auch an Wochenenden nutzen. Was nach der Schließung des Hallenbades noch passiert.

Die Stadt Hattingen will ihre beiden Lehrschwimmbecken in Welper und im Rauendahl künftig auch an den Wochenenden nutzen. Die Verwaltung reagiert damit auf die Schließung des Hallenbades in Holthausen. Die führt dazu, dass nun schon zum dritten Mal in zwei Jahren im Stadtgebiet kein einziges Bad für öffentliches Schwimmen zur Verfügung steht.

„Das ist eine gute Idee. Wir prüfen gerade, wie schnell sie sich umsetzen lässt“, sagt Bürgermeister Dirk Glaser auf Anfrage der WAZ. „Das Personal dazu, die beiden Becken auch an den Wochenenden zu nutzen, ist ja da, weil der Betrieb im Hallenbad ruht.“

Offener Brief zur desolaten Badesituation

Der Stadtsportverband hat diese Lösung als Sofortmaßnahme vorgeschlagen. In einem „Offenen Brief zur desolaten Badesituation in Hattingen“ mahnt der Verband entschlossenes Vorgehen an, um öffentliches Schwimmen so schnell und nachhaltig wie möglich wieder zu gewährleisten. „Es bringt uns nichts, anzuklagen, warum, wieso, wer hat Schuld“, schreibt der Vorsitzende Michael Heise an die Stadtspitze. Jetzt müssten Lösungen her.

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Vor allem der Schul- und Vereinssport leidet unter der Notlage. „Vereine und Privatschwimmer sind sauer ohne Ende. Leistungsschwimmer wandern ab. Das ist ein Trauerspiel“, hatte Heise noch vor drei Wochen geklagt, als die Stadt den maroden Zustand im Hallenbad wie im Freibad einräumte.

Mängel an der Elektroinstallation

Jetzt hat sich die Lage dramatisch zugespitzt. Am Dienstag teilte die Stadt mit, das Hallenbad in Holthausen müsse sofort geschlossen werden. Bei der Begehung des Bades und der Begutachtung der technischen Anlagen durch den Arbeitsschutzbeauftragten wurde festgestellt, dass die Mängel an der Elektroinstallation für die Beschäftigten ein hohes Risiko darstellen.

Es geht um „mittelfristige Handlungsspielräume“

In die städtischen Bäder müssen Millionen Euro investiert werden. Das lenkt den Blick noch einmal auf die Übertragung des Kanalnetzes. Im März 2019 wollte die CDU einen Teil des Erlöses in die Sanierung von Straßen und Bürgersteigen investieren, die Grünen in Schulen und Kindertagesstätten. Von fünf bis zehn Millionen Euro war die Rede, „um die schlimmsten Missstände zeitnah zu beheben“.

Die Stadtspitze lehnte das ab. Die Übergabe des Kanalnetzes sei ein Tauschgeschäft, bei dem kam kein Geld entnehmen könne. Es ließen sich aber „mittelfristig Handlungsspielräume nutzen, die die Stadt gewinne“. Darüber dürfte jetzt zu reden sein.

„Die Entscheidung ist uns alles sehr schwer gefallen“, sagt der Bürgermeister dazu. „Am Ende steht aber immer die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über allem. Wir mussten so handeln.“

Handlungsbedarf sieht der Stadtsportbund jetzt nicht nur bei den Lehrschwimmbecken. Er fordert einen Auftrag, Machbarkeit und Kosten für eine Hallenkonstruktion über dem Schwimmbecken des Freibades Welper zu prüfen. „Gegebenenfalls ist auch ein Neubau eines Schwimmbades in Betracht zu ziehen“, so Michael Heise.

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Dirk Glaser sagt diese Prüfung zu. „Das ist ja auch ein Auftrag aus der Politik. Und den werden wir umsetzen.“ Klar sei aber auch, dass man dann über Jahre rede. „Es ist richtig, dass die Situation nicht überraschend kommt. Die Bäder sind marode“, sagt der Bürgermeister. „Aus finanziellen Gründen waren die Reparaturarbeiten bisher nur Flickschusterei. Jetzt stehen wir vor der Grundsatzfrage: Grundsanierung oder Neubau. Ich habe die Hoffnung dennoch nicht aufgegeben, dass uns vielleicht doch noch einmal eine Improvisation gelingt, mit der wir das Bad kurzfristig wieder öffnen können.“

Von Landes- und Bundesmitteln besser profitieren

Und noch einen Vorschlag macht der Stadtsportverband: „Die Politik hat in der Vergangenheit bereits finanzielle Mittel freigegeben für Eigenanteile der Landes- und Bundesfördermittel für die Sanierung oder den Neubau von Sportanlagen. Davon wurde nur ein kleiner Teil beantragt, da angeblich das Personal fehlt, um Millionenförderbeträge abzurufen. Das erscheint uns absolut unverständlich. Wir bitten darum, die fehlenden Personalressourcen zu schaffen, damit Hattingen von Landes- und Bundesmitteln besser profitieren kann.“

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Den Vorwurf hält Glaser für ungerecht. „Die Verfahren sind kompliziert, es fehlt Personal. Alle Städte sind damit überfordert“, sagt der Bürgermeister. „Wir schaffen jetzt zwei zusätzliche Stellen im Baubereich. Und auch der neue Abteilungsleiter für den Sport ist da.“