Hattingen. Heimatforscher Harri Petras aus Hattingen gibt in einem seiner Bücher Einblicke in den Umgang mit dem Tod. Vom Leichenzug bis zu Papierblumen.
Bestatter seien heute „Dreh- und Angelpunkt einer Bestattung“, sie kümmerten sich „um (fast) alles“. Sie seien allerdings nicht zuletzt „Erscheinungen der Wohlstandsgesellschaft, in der auch die Nachbarschaften verloren gegangen sind“. So formuliert es der Hattinger Heimatforscher Harri Petras in seinem 2015 erschienenen Buch über die evangelischen Friedhöfe in Hattingen, in dem er in einem Kapitel schlaglichtartig auch Aspekte früherer Bestattungskultur beleuchtet.
Musikkapelle spielt nur Trauermusik – vor der Bestattung
Früher, schreibt Harri Petras da etwa, seien die Beerdigungen „in der Regel vom Sterbehause aus durchgeführt worden“. Über einen Todesfall habe dabei insbesondere in den Landgemeinden der „Erste Nachbar“ Arzt und Pfarrer informiert, die Beerdigung auch insgesamt geregelt. Die Beerdigungsteilnehmer hätten dabei ausnahmslos Schwarz getragen, der Leichenzug zum so genannten Gottesacker sei – wenn finanziell von den Hinterbliebenen bezahlbar – angeführt worden von einer Musikkapelle, die ausschließlich Trauermusik gespielt habe. Vor der Bestattung. Nach dieser seien dagegen „nur fröhliche Weisen“ erklungen, „um anzudeuten, dass das Leben auch nach einem Trauerfall weitergeht“.
+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++
Nachbarn und Freunde hätten innerhalb der Stadtmauern Verstorbene dabei zum Gottesacker getragen, schreibt Petras. Aus den Landgemeinden seien die Leichen häufiger auf Ackerwagen in die Stadt gebracht worden. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dann hätten zunehmend mehr Hinterbliebene die Dienste von Fuhrunternehmen mit Leichenwagen in Anspruch genommen. Diese hätten auch die Kränze – Zeichen der Wertschätzung für den Verstorbenen – transportiert, für die man früher Blumen aus dem hauseigenen Garten, im Winter alternativ Papier- und Plastikblumen verwendet habe.
Petras: Heute ist in Sachen Bestattung vieles kommerzialisiert
Heute sei in Sachen Bestattung dagegen vieles kommerzialisiert, werde angeboten, was der Kunde nachfrage oder was im Trend liege. Sogar QR-Codes auf Grabsteinen, mittels derer „Friedhofsbesucher mehr Infos über den Toten erhalten können als auf einen Grabstein passen“, gebe es inzwischen, so der Heimatforscher anno 2015.
>>> Folgen Sie unserer Redaktion auf Facebook – hier finden Sie uns
Auch auf Hattingens städtischen Friedhöfen sind diese QR-Codes an Gräbern seit zwei Jahren übrigens erlaubt.
Petras betrachtet derweil vier Jahre zuvor diese Entwicklung durchaus kritisch: „Die auf diese Weise produzierte Nähe zum Verstorbenen sehen Psychologen als eine Ersatzhandlung für die tatsächliche Ferne zum Sterben. Denn: Wo stirbt heutzutage noch jemand im Beisein der Familie oder von Freunden?“