Hattingen. . Im Städtischen Treff Kick gaben Harry Petras und Wolfgang Klemtinteressante Einblicke über den Umgang mit dem Tod. Gut 20 Anwesende lauschten den Vortragenden.
Auf dem Schwarz-Weiß-Foto, das Heimatforscher Harry Petras an diesem Montagnachmittag zum Auftakt der zweiten Veranstaltung über die „Bestattungskultur im Wandel der Zeit“ im Städtischen Treff Kick zeigt, ist ein Berg von Kränzen über einem frisch ausgehobenen Grab auf dem Evangelischen Friedhof zu sehen. Kränze, erläutert Petras den über 20 Anwesenden, galten früheren Generationen nämlich „als Siegeszeichen“. Und noch vor Jahrzehnten bestanden sie im Gegensatz zu heute, wo Blumengebinde auf Gräbern dominieren, „zu drei Viertel aus Grün“.
Es ist dies nur eines von zahlreichen Beispielen dafür, wie sich die Bestattungskultur verändert hat im Laufe der Zeit. Und nicht nur sie.
So gewährte Harry Petras den Anwesenden auch interessante Einblicke in frühere Friedhofsregeln; für den 1864 Am Hörstchen eröffneten evangelischen Friedhof gab es dabei erstmals fünf Jahre später ein Friedhofsstatut. In diesem war u. a. geregelt, dass der Totengräber (so hieß der Friedhofsgärtner einst) als fürs Bestattungswesen wichtigster Mann neben dem Pastor dafür zu sorgen hatte, dass die Hattinger die Hecken zwischen den Gräbern nicht etwa zum Wäschetrocknen verwandten. Was angesichts der in vielen Haushalten fehlenden Wäschestangen durchaus seinen Reiz hatte . . .
Auch über ein angemessenes Totengedenken musste der Totengräber wachen, durfte Störenfriede – etwa lärmende Kinder – zur Anzeige bringen. Zudem wurden Angehörige Verstorbener früher schon mal per Zeitungsartikel angewiesen, ihre Gräber auch nur ja ordentlich zu pflegen. Petras: „Es herrschte ein strenges Regiment.“
Trotzdem sei es auch damals schon zu traurigen Vorfällen auf Friedhöfen gekommen, so Petras. So sei anno 1878 kurz vor Heiligabend auf einem Grab des ev. Friedhofes ein Tannenbaum abgesägt worden. Und einige laut Zeitung „gottverdammte Burschen“ hätten in der Silvesternacht 1903/1904 ebendort 14 Gräber verwüstet.
Neben Petras, der anhand historischer Fotos auch die Tradition des Leichenzuges erläuterte, zeigte Wolfgang Klemt eine Auswahl aus seiner Sammlung von insgesamt 5000 Totenzetteln. Diese im 17. Jahrhundert in den Niederlanden entstandene Tradition, die sich von dort im katholischen Teil der deutschsprachigen Länder verbreitete, gebe es hierzulande bis heute u. a. in Bayern und im Münsterland. In Hattingen allerdings nicht, was Klemt, dem aus seiner Wahlheimat einzig der Totenzettel für seine vor drei Jahren verstorbene Mutter bekannt ist, bedauert. Denn der Sinn der Totenzettel, die vor allem in Gebetsbüchern liegen, sei es, an die Verstorbenen dauerhaft zu erinnern – mit Bildern, die die Toten „mitten im Leben“ zeigen, auf denen Lebensläufe abgedruckt sind oder anderes Persönliches. „Ich wünschte mir“, so Klemt, „dass Bestatter Angehörige auf diese Erinnerungsmöglichkeit an die Verstorbenen stärker aufmerksam machen würden.“