Hattingen. Nach der Hochwasser-Katastrophe in Hattingen überdenken Parteien geplante Bauprojekte nicht neu. Wie sie zur Flächenversiegelung stehen.

Das Jahrhundert-Hochwasser rückt den Klima- und Umweltschutz – etwa die Flächenversiegelung – verstärkt ins Bewusstsein. Die Parteien indes denken über geplante Bauprojekte für Hattingen nicht neu nach.

WAZ-Leserinnen und -Leser hatten zuletzt die Flächenversiegelung durch Neubauten kritisiert – politische Vertreter bewerten dies unterschiedlich.

Parteien in Hattingen: Kein Überdenken von Bauprojekten nach Hochwasser

„Höher statt in die Breite bauen“, ist die Idee von der Partei „Die Partei“. „Wir sind für den Bau von Hochhäusern beispielsweise beim sozialen Wohnungsbau – und auch auf Discounter könnte man ein, zwei Etagen Wohnungen bauen. Das sind riesige Grundflächen, die sind sowieso schon versiegelt“, erklärt Parteivorsitzender Martin Wagner. Das habe seine Partei schon vor dem Jahrhundert-Hochwasser gefordert. Als ein Beispiel für eine mögliche höhere Bebauung nennt er den Penny-Markt in Welper. „Aber das ist wohl ein Kampf gegen Windmühlen. Beim Neubau an der Gesamtschule sind wir auch überstimmt worden“, sagt er.

Bodenversiegelung

Laut Umweltbundesamt sind etwa 45 Prozent der Siedlungs- und Verkehrsflächen sind in Deutschland aktuell versiegelt, das heißt bebaut, betoniert, asphaltiert, gepflastert oder anderweitig befestigt.

Nachteile der Bodenversiegelung sind beispielsweise: Regenwasser kann weniger gut versickern und die Grundwasservorräte auffüllen. Bei starken Regenfällen steigt das Risiko, dass Kanalisation oder Vorfluter die oberflächlich abfließenden Wassermassen nicht fassen können, es somit zu Überschwemmungen kommt.

Zwar müssten Umwelt-, Natur- und Klimaschutz zunehmend politische Entscheidungen prägen, doch dabei dürfe die Weiterentwicklung der Stadt nicht zum Stillstand gebracht werden, sagt SPD-Chef Manfred Lehmann. In die Abwägung müssten zudem Themen wie Bildungschancen, lebenswertes Wohnumfeld, bezahlbarer Wohnraum, Infrastruktur, Arbeitsplätze einfließen.

Abwägen bei Eingriffen in die Natur

Beim Projekt des Schulanbaus an der Gesamtschule habe der Protest eine erneute Überprüfung gebracht. Es müssten nun deutlich weniger Bäume weichen. Die SPD freue sich über den Erfolg. Abstriche müssten alle machen. Die Sozialdemokraten wolle auf die schnelle Umsetzung des geplanten ökologischen Ausgleichs achten, damit Klimabilanz und Erholungswert „wieder auf den alten Stand gebracht und vielleicht sogar verbessert wird“. Bei der Fläche „Nierenhofer Straße“ kritisiert Lehmann den Verkauf an einen privaten Investor.

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Seit jeher achteten Bündnis 90/Die Grünen darauf, dass Flächen für Gewerbe und Industrie möglichst ohne weitere Flächenversiegelungen realisiert werden, erklärt Oliver Degner vom Fraktionsvorstand. Das Hochwasser zeige, „dass jeder zusätzliche Eingriff in die Natur gut überlegt werden sollte, da vermeintliche Gewinne durch Steuern oder Grundstücksverkäufe schnell durch die Kosten von Unwetterereignissen um ein Vielfaches übertroffen werden können“.

Ausgleichspflanzungen sind wichtig

Die Grünen hätten den Beschluss für ein Baugebiet in Bredenscheid abgelehnt. „An der Nierenhofer Straße ist eine Mischnutzung von Wohn- und Gewerbeflächen denkbar.“ Er betont die Bedeutung von Einzelabwägungen – und von „Ausgleichspflanzungen in angemessener Zahl und Art. Dem Bau eines Supermarktes „und der dortigen Flächenversiegelung im Rauendahl werden wir weiterhin nicht zustimmen“.

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Die Grünen hätten auch Anträge gegen den geplanten Bau an der Gesamtschule gestellt. So wie auch die FDP, betont deren Vorsitzender Robin Thiele. „Wir haben dafür keine Mehrheit bekommen.“ Flächenversiegelung zu verhindern, stehe schon länger im Blick bei Projektplanungen. Darum müssten nun nach der Hochwasser-Katastrophe nicht alle Projekte in Hattingen grundsätzlich neu auf den Prüfstand.

Kritik an Asphaltierung der Fahrradtrasse

Ähnlich sieht das CDU-Parteichef Gerhard Nörenberg. „Wir achten sehr genau darauf, Flächenversiegelung zu vermeiden, wo das möglich ist. Wir waren gegen die Asphaltierung der Fahrradtrasse. Die Bahntrasse in Sprockhövel zeigt doch, dass bei Pflege die wassergebundene Decke gut hält.“ Ein Supermarkt im Rauendahl sei dagegen wichtig für die Nahversorgung.