Hattingen. Nach dem Jahrhundert-Hochwasser in Hattingen wächst der Protest gegen die Zerstörung von Naturflächen. Dabei geht es auch um konkrete Baupläne.
„Wir können es nicht mehr zulassen, dass weitere Grünflächen versiegelt werden und wir uns in Zukunft auf die Bilder der letzten Wochen in regelmäßigen, immer kürzer werdenden Abständen einstellen müssen. Stoppen Sie die zusätzliche Versiegelung von Natur- und Grünflächen!“ So endet ein Offener Brief, den Andreas und Beate Heinicke an Bürgermeister Dirk Glaser geschrieben haben.
Die Eheleute vom Helenenweg in Winz-Baak machen keinen Hehl daraus, dass es ihnen nicht nur um „die Versiegelung von Grünflächen in ihrer Gesamtheit und die dadurch katastrophalen Entwicklungen für alle Menschen in unserer Stadt“ geht, sondern auch konkret um die Pläne für einen neuen Rewe-Markt in direkter Nachbarschaft.
Sehr viele Keller unter Wasser
„Wir hatten bei uns im Helenenweg nach dem Starkregen vor drei Wochen schon sehr viele Keller unter Wasser, da die Abwasserkanäle diese Wassermassen nicht mehr aufnehmen konnten“, schreiben die Winz-Baaker.
„Schon kommen die ersten Stimmen, die sagen, wir brauchen größere Abwasserkanäle. Aber das kann nicht mehr die Lösung sein. Wir versiegeln mit unseren zusätzlichen Häusern und Gewerbeflächen wertvollen Boden, der auf natürliche Weise Wasser aufnehmen und speichern kann.“
Der Deutschen Wetterdienst mahnt
Vor diesem Hintergrund beklagen Andreas und Beate Heinicke den geplanten Rewe-Markt mit 1600 Quadratmetern Verkaufsfläche als „massive Vernichtung von Natur“, zumal in dem Bereich zuletzt sehr viel gebaut worden sei.
Auch Dirk Kwiatkowski erneuert seine Kritik an den Rewe-Plänen. Der ehemalige Sprecher der Bürgerinitiative Helenenweg verweist auf den Deutschen Wetterdienst, der im Rahmen der Bauleitplanung für die Rewe-Filiale gehört worden ist.
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Der hat zwar keine grundsätzlichen Einwände gegen das Projekt. Bittet aber darum, „dass die Auswirkungen des Vorhabens das Schutzgut Klima berücksichtigen“. Ungünstige Auswirkungen auf das Klima seien unbedingt zu vermeiden.
EN-Kreis arbeitet an einer Starkregenkarte
Bei Fragen zum Kanalnetz im Hattinger Stadtgebiet verweist die Stadt auf den Ruhrverband in Essen. Der sei für die Kanalplanungen im öffentlichen Bereich seit dem 1. Juli 2020 zuständig und dementsprechend auch der Ansprechpartner, heißt es.
Der Ennepe-Ruhr-Kreis werde voraussichtlich im nächsten Jahr eine sogenannte Starkregenkarte für das gesamte Kreisgebiet zur Verfügung stellen. „Diese Starkregenkarte kann Anhaltspunkt und Hilfsmittel für zukünftige Planungen sein“, so die Stadt.
Auch Holger Wosnitza hat dem Bürgermeister geschrieben. Der ehemalige Wortführer des Bürgerprotestes gegen die Wohnbebauung Dahlhauser Straße nimmt den Starkregen am 29. Juni zum Anlass, nach der Umweltpolitik der Stadt Hattingen zu fragen. Und: „Muss nicht auch ein gravierendes und sofortiges Umdenken in der Bauplanung stattfinden“, will Wosnitza wissen. „War bekannt, dass die Abwasserkanäle in der Dahlhauser – und der Bochumer Straße bereits heute keineswegs auf Starkregen ausgelegt sind?“
Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht möglich
Dirk Glaser hat ihm geantwortet. „In der Regel werden bei einem Bau von Kanälen diese jedoch nicht für Starkregenfälle bemessen. Dies ist leider aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht möglich“, steht in dem Brief.
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Weil derartige Unwetter künftig aller Voraussicht nach häufiger auftreten als bisher, müssten die Planungen „möglichst so vorgenommen werden, dass im Falle eines Starkregens bei Überflutungen das Abwasser möglichst schadlos über die Oberflächen abgeführt und von der schützenswerten Bebauung fern gehalten wird“.
Dazu seien bei Neuplanungen und Umplanungen von Kanalisationen heute schon Überflutungsberechnungen anzustellen. „Dies gilt sowohl für öffentliche Planungen als auch für größere private Bauvorhaben“, so Glaser.