Hattingen. Das Jahrhundert-Hochwasser hat auch in Hattingen Bürgern im Wortsinn den Boden unter den Füßen weggezogen. Was Notfallseelsorger nun leisten.
„Zum Glück ist durch das Hochwasser bei uns niemand zu Tode gekommen, dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Pfarrer Oliver Gengenbach. Dennoch, so der Leiter der für Hattingen und Witten zuständigen Notfallseelsorge, die der Evangelische Kirchenkreis organisiert, habe das Jahrhundert-Hochwasser auch in dieser Region Menschen schwer getroffen. Weshalb auch in Hattingen notfallseelsorgerische Hilfe gefragt ist.
Naturkatastrophe hat das Sicherheitsgefühl schwer erschüttert
Dass für einige Menschen „ein manifestes Leben von jetzt auf gleich weg ist“ – das Haus und die Möbel zerstört, aber auch Fotos und andere Erinnerungsstücke – „das ist schon schlimm“, sagt Gengenbach. Dazu komme, dass die Naturkatastrophe das Sicherheitsgefühl schwer erschüttert habe. „Das wird lange nachwirken und ist schwer auszuhalten“, so Gengenbach.
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Bei „akuten Belastungssituationen“ stünden die Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger aber jederzeit zur Verfügung, allein in Hattingen umfasst das Team 15 haupt- und ehrenamtliche Kräfte. Er selbst habe sich übrigens während der Einsatz-Hochzeiten auch bei den Helfern von Feuerwehr,Technischem Hilfswerk, DLRG und anderen nach deren Zustand erkundigt. „Denen geht es soweit gut.“
Viele haben den Boden unter den Füßen verloren
Ludwig Nelles, Pfarrer in Niederwenigern, hat unterdessen in den letzten Tagen rund zehn Kontakte zu Opfern der Flutkatastrophe gehabt, „die im Wortsinn den Boden unter den Füßen verloren haben“. Umso wichtiger sei es, diesen Menschen zu zeigen, dass sie nicht allein seien, betont Nelles. Seelsorger zu sein bedeute dabei zuallererst einfach zuzuhören, darüber hinaus habe er aber für einige Betroffene auch neue Möbel organisiert, eine Waschmaschine, einen Herd. Jedes einzelne Schicksal sei schlimm, so Nelles. Besonders tief bewegt habe ihn indes ein Gespräch, in dessen Verlauf nicht mehr nur das Hochwasser Thema war, sondern auch ein früheres Familientrauma. „Das war ein sehr emotionales, tiefgreifendes Gespräch.“ So etwas gebe es durchaus öfter - dass Katastrophen alte Traumata plötzlich wieder mit gegenwärtig werden ließen.
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Bislang nicht persönlich als Notfallseelsorgerin zur Verarbeitung der Hochwasserkatastrophe kontaktiert worden ist dagegen Pfarrerin Heike Rienermann, Betroffene indes kennt auch sie persönlich. Darunter die ehemalige Küsterin der evangelischen Kirchengemeinde Bredenscheid-Sprockhövel, Annegret Claas, deren Wohnzimmer der Paasbach unter Wasser gesetzt hat. „Ich bin im Vergleich zu vielen anderen aber noch glimpflich davongekommen“, sagt Claas. Und dass sie dankbar ist über den Einsatz etlicher Gemeinglieder, die helfen bei den Aufräumarbeiten.
Das sei ohnehin eine in dieser Krise „ganz tolle Erfahrung“, sagt Oliver Gengenbach: „diese Welle der Hilfsbereitschaft für die Betroffenen“.
Bei „akuten Belastungssituationen“ kann Pfarrer Oliver Gengenbach für notfallseelsorgerische Hilfe kontaktiert werden unter 0172- 233 72 39.