Hattingen. . Für Hattingen und Witten sind Ehrenamtliche eingesegnet worden. Wenn Menschen ins Nichts zu fallen drohen, sind sie zur Stelle und spenden Trost.
Was folgt, wenn Ärzte oder Rettungssanitäter nach einem Todesfall das Haus verlassen? Stille, Schock, unendliche Traurigkeit, die seit bald 30 Jahren Notfallseelsorger aufzufangen helfen. Elf neue Ehrenamtler für Hattingen und Witten wurden nun eingesegnet.
Wenn dabei etwas passiert wäre, dann hätte bei Michael Drechsler der Pieper gepiept. Er hätte trotz Feierstunde sein Essen stehen gelassen und die schwarze Tasche geschnappt. Die wichtigsten Utensilien sind die violette Weste und ein schwarzer Ordner mit den Unterlagen. Drechsler hat im vergangenen Jahr viele Wochenenden für seine Ausbildung zum Notfallseelsorger geopfert. Seitdem hatte er bereits einige Einsätze: „Den Trauernden höre ich zu, biete ihnen auch mal die Hand zum Halten an, mal mache ich einen Tee“, sagt er. „Ziel ist, dass die Betroffenen vom Schock in den Trauerprozess geführt werden. Wir gehen erst, wenn der Trauernde nicht mehr alleine ist.“
Die Hälfte der 35 Notfallseelsorger ist hauptamtlich
Von den nun 35 Notfallseelsorgern in Hattingen und Witten sind rund die Hälfte hauptamtliche Pastoren, Diakone und Gemeindereferenten, hinzu kommen nun insgesamt 18 ehrenamtliche Seelsorger. Elf von ihnen fragte Superintendentin Julia Holtz nun bei der Einsegnung, ob sie sich für den schweren Dienst an den Mitmenschen als ehrenamtliche Notfallseelsorger zur Verfügung stellen wollen. Ihre Antwort: „Ja, mit Gottes Hilfe.“
Danach wurden Jürgen Neserke und Traugott Künkler von Holtz und Gengenbach aus der Seelsorge verabschiedet. Die beiden Pastoren haben sich auch nach dem Ruhestand als Seelsorger engagiert. Neserke erzählt stolz, dass zwei seiner Kinder und ein Enkel in seine Fußstapfen getreten sind. Das wundere ihn nicht, ihm habe die Arbeit als Pfarrer viel Freude bereitet. Auch die Seelsorge, bei der er doch mit viel Traurigkeit in Berührung komme? „Die Seelsorge ist eine sehr befriedigende Arbeit, weil man weiß, man hat hier geholfen.“ Viele Freundschaften seien in der Seelsorge entstanden, betont er.
Rund um die Uhr in Rufbereitschaft
Rund um die Uhr garantieren die Notfallseelsorger Rufbereitschaft. „Gleichzeitig ist ein Notfallseelsorger in Hattingen und einer in Witten rufbereit“, erklärt Oliver Gengenbach, der 1999 die Einrichtung der Notfallseelsorge Hattingen initiierte – eine der ersten in Deutschland. „Ein dritter Notfallfallseelsorger steht für außerhäusliche Notfälle bereit.“
Ob Notfallseelsorger hinzugerufen werden, entscheidet die Einsatzleitung von Feuerwehr und Rettungsdienst. Dies sei etwa zweimal die Woche der Fall, so Gengenbach. Dazu zählen häusliche Todesfälle, Unfälle, Brände und andere Katastrophen. Die Seelsorger überbringen zudem gemeinsam mit der Polizei Todesnachrichten.
Etwa zwei Einsätze pro Woche
Dirk Lieder, seit zehn Tagen neuer stellvertretender Amtsleiter der Feuerwehr Witten, erinnert sich: „Als ich vor 30 Jahren anfing, bin ich zuerst zehn Jahre lang Rettungsdienst gefahren. In Erinnerung geblieben sind mir besonders die häuslichen Notfälle: Der Betroffene war plötzlich verstorben, wir hatten noch versucht, zu reanimieren. Dann ging der Pieper und wir mussten die Leute alleine lassen. Als die Notfallseelsorge ein paar Jahre später gegründet wurde, war ich heilfroh, dass es nun Leute gibt, die sich um die Betroffenen in ihrem Leid kümmern.“ Neben ihm sitzen zwei Rettungssanitäter. Sie kennen das Gefühl, an den schockierten Angehörigen vorbei aus der Tür treten zu müssen.