Hattingen. Bei der DLRG in Hattingen sind 20 Männer und Frauen als Strömungsretter aktiv. Was wichtig ist, wenn es gegen die Kraft des Wassers geht.
Mit dem Kajak die Bootsrutsche auf der Ruhr hinunterzuschießen, macht Spaß. Wenn man’s kann. Oft genug geht’s aber auch gründlich daneben. Dann kentern die Fahrer und fallen den Strömungsrettern der DLRG direkt vor die Füße.
So wie an diesem Samstag. Auch da kentert eine Kajak-Fahrerin. An den Wochenenden von Anfang Mai bis Ende September trainieren die Retter unter der Ruhrbrücke an der Königsteiner Straße den Einsatz in fließenden Gewässern.
Viele haben keine Rettungswesten an
Gerade in den Sommermonaten sei überall an der Ruhr der Teufel los, sagt Gernot Kubiak, 1. Vorsitzender der DLRG Hattingen-Süd. Familien mit kleinen Kindern kühlen sich am Ruhrufer ab. Sportbegeisterte leihen sich Boote aus und zischen über den Fluss. Die meisten tragen keinen Helm, viele haben keine Rettungswesten an, oft hat man nicht mal den Jüngsten Schwimmwesten angelegt.
Das ruft immer wieder die Strömungsretter auf den Plan. Selbstüberschätzung, Leichtsinn und Unbedarftheit spielen eine Rolle, wenn es zu Notfällen kommt. Oft genug ist aber auch Alkohol im Spiel. „Die fahren dann mit den Booten auch schon mal die Fischtreppe hinunter“, berichtet Kubiak. An diesem Samstag trainieren einige der aktiven DLRG-Mitglieder das Schwimmen in der Strömung. Mächtig ist die Kraft des Wassers an der Stelle unter der Ruhrbrücke.
„Gegen die Stärke der Strömung, die hier gut 15 km/h schnell ist, kommt selbst der beste Schwimmer nicht an“, erklärt der 1. Vorsitzende. Darum wird trainiert, wie man sich verhält, wenn man in eine solche Strömung gerät oder dort Rettungseinsätze hat.
Ortsgruppen sind über die Stadt hinaus bekannt
Zwei Ortsgruppen der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) gibt es in Hattingen: die DLRG Süd und die DLRG Hattingen-Blankenstein. Die Hattinger Lebensretter haben sich einen Namen weit über die Stadt hinaus gemacht.
„Wir bilden Strömungsretter nicht nur für uns aus, sondern für ganz Nordrhein-Westfalen. Im Grunde für ganz Deutschland, weil sehr viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Beispiel aus Niedersachsen und auch aus Schleswig-Holstein kommen“, erklärt Gernot Kubiak, erster Vorsitzender der DLRG Süd. Vor allem im Sommer sind die Helfer an sehr unterschiedlichen Gewässern im Einsatz.
Quer hindurch zu schwimmen, sei tabu. „Das gelingt niemals.“ Immer in einem Winkel von 45 Grad die Stellen durchqueren, lernen diejenigen, die die Ausbildung zum Strömungsschwimmer machen.
Der Rhein ist kein Fluss für Schwimmer
„So eine Kraft, wie das Wasser hier an der Bootsrutsche auf einer Breite von vier Metern hat, hat es zum Beispiel auf dem Rhein auf 200 Metern. Dazu kommen auf dem Rhein die riesigen Frachter, die die Situation noch gefährlicher machen. Der Rhein ist kein Fluss für Schwimmer“, stellt Gernot Kubiak kategorisch fest. Zuletzt sind dort drei junge Mädchen und ein 29-Jähriger ertrunken, die die Gefahr völlig unterschätzt haben.
Wie gut die 20 aktiven Frauen und Männer der Strömungsretter-Gruppe auf sich aufpassen, zeigt schon die Personenschutzausrüstung (PSA). Sie tragen einen Neoprenanzug, Schuhe und Handschuhe, Helm, Prallschutzwesten und einen Rucksack, in dem eine Rettungsleine verstaut ist, die sie einem Hilfesuchenden zuwerfen können. „Es geht auch immer darum, bei Einsätzen möglichst wenig Kraft zu vergeuden“, erklärt Gernot Kubiak.
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Das alles muss gelernt und trainiert werden. Durch die Coronazeit konnte die Ausbildung, die normalerweise im Frühjahr und Herbst stattfindet, nicht durchgeführt werden. Die nächsten Kurse sind jetzt für Herbst wieder geplant.
Interessierte müssen Grundvoraussetzungen mitbringen
Eine Menge an Grundvoraussetzungen müssen Interessierte mitbringen. In dem Lehrgang zum Strömungsretter werden alle Tricks und Kenntnisse weitergegeben, die man für die verantwortungsvolle Aufgabe braucht.
Wer 16 Jahre alt und Mitglied in der DLRG ist, darf sich zum Strömungsretter ausbilden lassen. Unter anderem ist körperliche Fitness Voraussetzung und das Deutsche Rettungsschwimmabzeichen in Silber darf nicht älter als zwei Jahre alt sein.
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Inhaltliche Punkte sind dann zum Beispiel: Gefahren am und im Fließgewässer, Strömungslehre, Ausrüstungskunde, Wurfsacktechnik, spezielle Schwimmtechnik im Wildwasser, erste Hilfe in der Strömungsrettung. Auch der Einsatz bei Hochwasser und in Überschwemmungsgebieten ist Teil der Ausbildung.
Eine Leidenschaft fürs Leben
„Wir unterstützen die Feuerwehr bei der Wasserrettung“, berichtet Gernot Kubiak, der seit dem 17. Juni 1987 bei der DLRG ist. Das weiß er so genau, weil er quasi seine „Feuertaufe“ mit dem Einsatz beim Jahrhunderthochwasser zu dem Zeitpunkt erlebte. Sein Bruder brachte ihn zu den Lebensrettern und für den jetzt 50-Jährigen wurde es eine Leidenschaft fürs Leben.