Hattingen. Henning Sandmann aus Hattingen will den Blankensteiner Schnadegang entlang der Ortsteilgrenze wiederbeleben. Was Teilnehmer noch erwartet.

Dunkel war das Mittelalter, düster und gefährlich. Aber es hatte auch sehr viele äußerst spannende Seiten, die lange Zeit in Vergessenheit geraten waren. Zum Beispiel: den Schnadegang. Der Blankensteiner Henning Sandmann will diese Tradition wieder zum Leben erwecken und lädt ungefähr 20 Interessierte ein, am 17. und 20. Juni bei einem längeren Spaziergang viel über die Zeit vom Mittelalter bis zur Neuzeit zu erfahren.

Der Schnadegang mit allen Bürgern des Ortes war verpflichtend

„Ich komme dann in der typischen Kluft eines Stadtschreibers mit dem großen Hut“, sagt der geschichtsbegeisterte Hattinger. Es wird dann der Weg abgegangen, der früher auch der Schnadegang war. Denn der war verpflichtend und wurde meist einmal pro Jahr mit allen Bürgern des Ortes durchgeführt. „Er war ein wichtiger Bestandteil des friedlichen Zusammenlebens in Blankenstein.“

Über die Anfänge der Draht- und Hanfseilfabrik Blankensteins

Auf dem Schnadegang werden auch Dönekes erzählt, die nicht nur witzig, sondern historisch interessant sind. So erklärt Henning Sandmann zum Beispiel über die Anfänge der Draht- und Hanfseilfabrik Blankensteins:

In der Herberge zu Elberfeld stand 1846 der Anschlag „Der Königliche Bergseilermeister Dünebier in Blankenstein sucht Gesellen“. Seilergeselle Heinrich Puth aus Fechenheim begann daraufhin bei Dünebier mit der Arbeit.

Doch Dünebier, der für die benachbarten Bergwerke Förderseile fertigte, war ein Mann besonderer Art. Hoch zu Roß auf einem Schimmel, pflegte er die Zechen abzureiten, um Bestellungen einzuholen oder aber Geld, das von den Schichtmeistern nur schwer und zumeist mit Hilfe eines guten Trinkgeldes zu bekommen war. „Dünebier war dem Brandewein-Trunke ergeben, der ihn sein Handwerk sehr vernachlässigen ließ. Dem nüchtern und arbeitsamen Gesellen Puth, dem Dünebier oft den Lohn schuldig blieb, sagte das wenig zu“, so Sandmann.

Puth beschloss daher, die Arbeitsstelle zu verlassen. Erst wollte er nach Amerika auswandern, doch dann zog er zum Bauern Haarmann-Drenhaus, der Fleiß und Tüchtigkeit des Gesellen schätzte. Auf seinem Hof stellte ihm Haarmann alsbald auch einen Raum zur Verfügung, besorgte Werkzeug und kam ihm auch mit Geld zum Einkauf von Material zu Hilfe – für eine Drahtseilerei. Gründungstag dieser war der 5. Februar 1848.

Wer am Schnadegang, Donnerstag, 17. Juni, 16 Uhr, und Sonntag, 20. Juni 14.30 Uhr, teilnehmen möchte, kann sich bei Henning Sandmann unter 0178/8233260 melden. Das Projekt wird vom Museum und dem Heimatverein Blankenstein unterstützt.

So eine Begehung war im Ursprung erforderlich, weil es zum damaligen Zeitpunkt noch keine in Karten eingetragenen Grundstücksverläufe gab, also Kataster. Die Menschen versammelten sich also traditionell unter „de bredde Linde“, der breiten Linde auf dem Marktplatz in Blankenstein, wo vor Jahrhunderten auch Streitigkeiten ausgetragen und von Richtern Urteile gefällt wurden.

Bei so einem Rundgang wurden damals Grenzen benannt

Henning Sandmann, in Blankenstein auch als Nachtwächter bekannt, hatte nach dem Sichten von vielen historischen Unterlagen und Büchern die Idee, den Schnadegang wieder ins Gedächtnis zu rufen. Grenzen und Flurstücke waren offenbar schon immer ein „hervorragender“ Anlass, um Streitereien auszulösen. Bei so einem Rundgang wurden damals Grenzen mit Grenzverläufen, Wege und Flurstücke benannt und besprochen.

„Für den Besitzer oder Nutzer ergaben sich dann Rechte und Pflichten“, erklärt Sandmann. Zum Beispiel wurde die Frage geklärt, ob ein Bach zu dem Grundstück auf der einen Seite oder auf der anderen Seite des Gewässers gehört. Daraus ergab sich, wer den Bach nutzen, aber auch sauber halten musste.

Nicht immer ging alles einvernehmlich vonstatten

Gleiches galt auch für Wege, Straßen, Äcker- und Weideflächen. „Man kann sich vorstellen, dass dies nicht immer einvernehmlich vonstatten ging. Beim Rundgang wurden auch die Namen der einzelnen Landmarken, Häuser und Flure bekannt und festgelegt“, erzählt der Blankensteiner.

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Für die Teilnehmer gibt es beim Schnadegang Interessantes zu erfahren und zu entdecken, denn auf der Grundlage von historischen Unterlagen werden so einige Geheimnisse gelüftet. Auch das Geheimnis um den Katzenstein, der gar nichts mit Katzen zu tun hat. Es gibt auch viele Erklärungen zu Straßennamen und deren Bedeutung.

Denn die Namen haben sich im Laufe der Zeit öfter verändert. „Wer kennt noch die drei Höhen in Blankenstein, die Wilhelms-, Friedrichs- und Hermannshöhe“, fragt der Stadtschreiber. Und kaum jemand weiß, warum die Vidumestraße so bekannt wurde. „Es gab aber auch das Geheimnis um die Düsterstraße in Blankenstein, an dem der Galgen stand.“

Beim Rundgang geht es auch an der Lourdes-Grotte, dem Belvedere und der Gertruden-Grotte vorbei, um dann nach viereinhalb Kilometern Wegstecke und circa zwei Stunden Laufzeit, inklusiv der Besprechungspausen, wieder zurück zum Ausgangspunkt, dem Marktplatz zu kommen.

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