Hattingen. Unter dem Motto „Liebe gewinnt“ sind jetzt auch in der katholischen Stadtpfarrei in Hattingen Homosexuelle gesegnet worden. Die Hintergründe:

Unter dem Stichwort „Liebe gewinnt“ gibt es an vielen Orten bundesweit um den 10. Mai herum Segensangebote – auch in Hattingen. Auslöser der Aktion war unter anderem die Erklärung der Glaubenskongregation von März 2021, dass die katholische Kirche keine Vollmacht hat, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen. Dagegen will die Aktion ein Zeichen setzen.

Am vergangenen Sonntag (9.5.) hatte die katholische Pfarrgemeinde St. Peter und Paul in Hattingen dabei in ihre Kirchen als „Segensraum“ eingeladen. Haupt- und ehrenamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger standen in den katholischen Gotteshäusern für ein Gespräch zur Verfügung und luden Menschen ein, sich ein persönliches – auf ihre Lebenssituation abgestimmtes – Segenswort zusprechen zu lassen. Kommen konnten neben heterosexuellen Paaren auch homosexuelle, wiederheiratete und geschiedene Menschen.

In Kirchen soll sich niemand diskriminiert oder unerwünscht fühlen

„Der oft berührendste kirchliche Gestus ist, einen persönlichen Segen zu erfahren. Umso schmerzlicher ist derzeit die Diskussion der katholischen Kirche, wer Segen empfangen darf und wer nicht“, äußert sich Pfarrer Andreas Lamm von der Stadtpfarrei St. Peter und Paul. „Vor allem homosexuelle Menschen, aber auch Wiederverheiratete und Geschiedene haben wir neben Menschen mit vielen anderen Lebensentwürfen im Blick.“ Denn Kirchen seien Orte des Segens, niemand solle sich in diesen diskriminiert oder unerwünscht fühlen.

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Die Referentin der Gemeinde St. Peter und Paul, Brigitte Leibold, hatte sich dabei angeboten, in der St. Josef Kirche in Welper selbst zu segnen. „Ich unterstütze diese Offenheit, für Menschen da zu sein, egal in welchen Beziehungsformen sie leben.“

Regenbogenfisch am Eingang der Kirchen der Pfarrei

Als Zeichen dafür, dass alle Menschen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen ein Recht auf Segnung haben, ist zukünftig am Eingang der Kirchen der Pfarrei ein Regenbogenfisch zu finden. „Der Regenbogen steht als Zeichen des Bundes zwischen Gott und allen Menschen. Daran wollen wir erkennbar sein: mit Gott verbunden, Segen sein – für alle“, sagt Pfarrer Andreas Lamm.

Auf der Homepage der Pfarrei unter www.hattingen-katholisch.de gibt es einen Video-Impuls zum Thema „Segen für jede Lebensform“, den Interessierte dort abrufen können.

Sie selbst segne Menschen in verschiedenen Kontexten, ohne zu wissen, in welcher Lebenssituation sich diese gerade befinden. Für Leibold steht deshalb fest: „Bei Menschen, die einen Segen erbitten, haben wir nicht das Recht, diesen Wunsch zu verweigern.“

Kontroverse Meinungen unter Katholiken

Gemeindereferentin Brigitte Leibold weiß, dass es zur Segnung Homosexueller innerhalb der Katholiken kontroverse Meinungen gibt. Wichtig sei deshalb, immer im Gespräch zu sein, auch andere Positionen wahrzunehmen und einander zuzuhören.

„Wenn die katholische Kirche ihren Segen gibt, toleriere ich das“, sagt Theo Haske, Ortsbürgermeister aus Niederwenigern (CDU), der sich als Katholik in der Kirche engagiert. Allerdings gibt er zu bedenken, dass die Meinung zu diesem Thema in der katholischen Kirche nicht einheitlich sei.

„Kirche hat sich nicht in Sexualität einzumischen“

„Ich bin aus der katholischen Kirche ausgetreten, weil ich sie als rückschrittlich empfinde“, sagt Christian Siever aus Hattingen, der offen mit seiner Homosexualität umgeht. „Denn Kirche hat sich meiner Meinung nach nicht in Sexualität einzumischen.“

Den Schritt, Homosexuelle zu segnen, finde er gut, denn dieser zeige, dass die Kirche sich dem Zeitgeist anpasse. Allerdings findet er, dass die Segnung von Homosexuellen schon früher hätte stattfinden müssen. „Dass das nicht passiert ist, ärgert mich.“

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Anna Maria Gerlach, die 2013 als jüngstes Mitglied in den Pfarrgemeinderat St. Joseph in Welper gewählt wurde, sagt: „Ich erinnere mich an keine homosexuellen Paare, die während Gottesdiensten ihre sexuelle Orientierung offen gezeigt haben.“ Dahingehend brauche es Vorbilder, beispielsweise einen homosexuellen Pfarrer. „In der Kirche sollte offener mit dem Thema Sexualität umgegangen werden.“ Und mit dem Segnungstag sei ein erster Schritt in die richtige Richtung gemacht worden.

Und auch Gemeindereferentin Brigitte Leibold sagt: „Ich wünsche mir, dass die Verantwortungsträger der katholischen Kirche diesen Weg weitergehen.“