Hattingen. Wohneigentum im EN-Kreis ist 2020 teurer geworden – und ganz besonders in Hattingen. Oft scheitert der Traum vom Haus an fehlenden Angeboten.

Weniger Verkäufe, mehr Umsatz: Das Wohneigentum im Ennepe-Ruhr-Kreis ist 2020 wieder teurer geworden als im Vorjahr. Das vermeldet der Kreis jetzt und beruft sich auf den aktuellen Grundstücksmarktbericht. Und der zeigt auch: In Hattingen ist es, verglichen mit dem Rest des Kreises, besonders teuer.

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Häuser und Eigentumswohnungen sind in Hattingen besonders teuer

Für ein frei stehendes Einfamilienhaus der Baujahrklasse 1975-1994 mit einer Wohnfläche von 169 Quadratmetern wurden 2020 im EN-Kreis durchschnittlich 335.000 Euro gezahlt (Vorjahr 312.000 Euro) – der Preis pro Quadratmeter Wohnfläche lag im Schnitt bei 2020 Euro. Für eine Doppelhaushälfte aus der gleichen Bauzeit mit 130 Quadratmetern flossen im Schnitt 315.000 Euro (Vorjahr 270.000 Euro), durchschnittliche Kosten pro Quadratmeter: 2430 Euro.

In beiden Teilmärkten weicht Hattingen allerdings vom durchschnittlichen Quadratmeterpreis im EN-Kreis ab – und zwar als einzige Stadt mit mehr als zehn Prozent nach oben. Bei den Eigentumswohnungen liegt Hattingen gemeinsam mit Sprockhövel und Schwelm mehr als fünf Prozent über dem Kreisschnitt.

Weniger Immobilien bei steigenden Preisen

„Es gibt weniger Objekte und die werden in der Tendenz immer teurer“, bestätigt Sparkassen-Sprecher Udo Schnieders auf Anfrage der WAZ. Allerdings betont er gleichzeitig, dass die Preisspanne in Hattingen je nach Lage, Zustand und Ausstattung sehr breit sei: So gebe es im Portfolio der Sparkasse etwa eine 50 Quadratmeter große Eigentumswohnung – schon etwas älter, nicht in der besten Lage – für 40.000 Euro. Bei einer neugebauten Eigentumswohnung oberhalb der Ruhr gebe es für diese 40.000 Euro umgerechnet gerade einmal zehn Quadratmeter.

Zurück zum Grundstücksmarktbericht. Der zeigt: In Hattingen wurden in 2020 deutlich mehr Wohnungen – nämlich 231 – als Ein- oder Zweifamilienhäuser (95) verkauft. Für die Wohnungskäufe sind 42,3 Millionen Euro geflossen, für Hauskäufe 34,1 Millionen. Vier Mal wurde außerdem Bauland für den individuellen Wohnungsbau verkauft und zwar mit einem Umsatz von 800.000 Euro.

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Weiterhin gibt es den Traum vom frei stehenden Einfamilienhaus

Diese Zahlen spiegeln allerdings weniger die Kundenwünsche, als die Marktmöglichkeiten wider. Denn noch immer sei das klassische, frei stehende Einfamilienhaus - am liebsten selbst gebaut - der Traum der meisten Kunden, weiß Lothar G. Stalter, Chef des gleichnamigen Immobilienbüros: „Junge Familien oder Paare wollen ein Haus haben, wo die Kinder auf der Wiese spielen können.“ Und diese jungen Paare sind – auch laut Grundstücksmarktbericht – die häufigsten Hauskäufer. Rund 60 Prozent seien unter 40 Jahre alt.

Der Selbstbau aber scheitere zumeist daran, dass es kaum Grundstücke gebe. Zudem wartet man in Hattingen gut ein Jahr auf eine Baugenehmigung und dann kommt auch noch die Bauzeit dazu. Entsprechend häufiger orientieren sich die Hauskäufer dann in Richtung Bestandsimmobilie.

Kunden suchen jahrelang und sind völlig verzweifelt

Doch hier sieht es kaum besser aus. „Manche Kunden rufen völlig verzweifelt an“, beschreibt Stalter. „Die suchen dann schon seit drei oder vier Jahren und wollen einfach nur ein Haus.“ Und mit der Wartezeit steigt auch die Kompromissbereitschaft: Wer anfangs noch vom individuell gestalteten, frei stehenden Einfamilienhaus träumte, entscheidet sich am Ende dann doch für ein kleineres, uniformes Reihenhaus oder für eine Immobilie, die so alt ist, dass zusätzlich zum Kaufpreis noch einiges an Geld investiert werden muss

Selbst für ein solches Haus gilt: „Wenn es verfügbar ist, ist es sofort weg“, weiß Stalter und gibt auch gleich ein Beispiel. Ein frei stehendes Einfamilienhaus aus den 50er-Jahren habe er unlängst für 310.000 Euro verkauft. Es sei keine außergewöhnliche Immobilie gewesen. Bäder, Dach und Heizung mussten modernisiert werden. Dennoch hatten sich 174 Interessenten gefunden.

Eltern und Großeltern helfen, den Traum vom Haus zu erfüllen

Zudem scheitere ein geplanter Hauskauf mittlerweile oft am Geld. „Das Problem der Käufer ist: Wir haben aktuell einen Verkäufermarkt“, sagt Stalter. Sprich: Die Verkäufer können wegen des geringen Angebots Preise weit jenseits des Verkehrswertes aufrufen. Die Banken aber finanzieren meist nur den Verkehrswert. Üblich sei es mittlerweile, dass Eltern oder Großeltern helfen, den Traum vom Haus zu verwirklichen.

So teuer sind Häuser in Hattingen

Neben Alter und Ausstattung ist nach wie vor die Lage ein wichtiger Faktor für den Preis einer Immobilie. In Hattingen sei die Südstadt besonders beliebt, ebenso Winz-Baak, weiß Immobilienmakler Lothar G. Stalter. Generell seien Waldrandlagen mehr gefragt als Stadtnähe.

Wie leer gefegt der Markt ist, zeigt auch ein Blick ins Internet: Auf einer gängigen Immobilienplattform sind gerade einmal zwölf Hausangebote in Hattingen zu finden (Stand: 5. Mai). Überwiegend handelt es sich allerdings um Bauangebote von Fertighausherstellern, nur drei sind tatsächliche Bestandsimmobilien: Ein Mehrfamilienhaus (425.000 Euro), sowie zwei 180-Quadratmeter-große Einfamilienhäuser für 680.000 beziehungsweise 1,5 Millionen Euro.