Hattingen. Grausame Bluttat am 14. Oktober 1999 im Hügelland in Hattingen: Ein junger Mann enthauptet mit seinem „Highlander“-Schwert im Wahn einen Rentner.

Enthauptung mit einem Highlander-Schwert – die Welt schaut aufs Hattinger Hügelland: Die grausame Bluttat vom 14. Oktober 1999 in Oberstüter dürfte wohl jedem nachhaltig in Erinnerung geblieben sein. „In meiner langen Dienstzeit ist mir eine solche Tat noch nicht begegnet“, sagt Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke am Tatort.

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Das Protokoll: Die Großfamilie T. sitzt an diesem Donnerstagmorgen zusammen. Gegen elf geraten der Sohn und sein Vater in Streit, auch andere Familienmitglieder sind daran beteiligt. Als der 23-Jährige anfängt zu randalieren, flüchten Vater und Stiefmutter mit ihrem zweijährigen Sohn zu Nachbarn. Sie alarmieren sofort die Polizei, sorgen sich vor allem um die gerade vier Monate alte Tochter, die im Haus zurückgeblieben ist.

In weißen Schutzanzügen sichern die Kriminalbeamten der Polizei die Spuren der grausamen Bluttat im Hügelland.
In weißen Schutzanzügen sichern die Kriminalbeamten der Polizei die Spuren der grausamen Bluttat im Hügelland. © WAZ FotoPool | Udo KREIKENBOHM

Was die Beamten der eintreffenden Streifenwagen sehen müssen, ist hier mit furchtbar oder grausam nur unzureichend beschrieben: Der junge Mann kommt den Beamten entgegen – und trägt, auf ein Highlander-Schwert aufgespießt, den Kopf des im Obergeschoss lebenden, 86 Jahre alten Rentners vor sich her. Mit der Deko-Waffe, die einem Schwert aus dem Film „Highlander“ nachempfunden ist, hat er den ehemaligen Hausbesitzer im Wahn erschlagen und ihn anschließend enthauptet.

Täter wehrt sich und beißt einem Polizisten in die Hand

Gegen seine Festnahme wehrt sich der Täter heftig, er beißt im Verlauf der Auseinandersetzung einem Beamten auch in die Hand.

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Während Kriminalbeamten in weißen Schutzanzügen anfangen, Spuren des grausamen Verbrechens zu sichern, verbreitet sich die Nachricht rasend schnell: im Hügelland, in Hattingen, im Land und der Welt. Erste Gerüchte besagen, er habe im Drogenrausch oder in religiösem Wahn gehandelt. Als eine Tochter des Getöteten erfährt, wer der Täter ist, kann sie es erst nicht glauben: Er sei der Netteste der ganzen Familie gewesen, immer freundlich und hilfsbereit: „Wenn mein Vater Hilfe benötigte, war er stets zur Stelle.“

Für den Vater – einem früheren Heilsarmee-Offizier und ehemaligen Katecheten der evangelischen Kirchengemeinde – ist es nicht der erste Schicksalsschlag. Jahre zuvor musste er seine schwerkranke erste Ehefrau ins Pflegeheim einliefern, später verbrennt die Tochter bei einem Autounfall in den Trümmern.

Tod durch massive Gewalteinwirkung auf den Kopf

Die Ermittlungen: Durch massive Gewalteinwirkung auf den Kopf, nicht einen einzigen Schlag oder Sturz, sei das Opfer gestorben, erklärt Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke wenige Tage nach der Tat.

Ermittlern erklärt der Täter, „das Schwarze ausgelöscht“ und „das Gute in der Welt verteidigt“ zu haben. Anzeichen für eine Psychose.

Veränderung nach Sonnenfinsternis am 11. August 1999

Mit der totalen Sonnenfinsternis am 11. August 1999 beginnt die Tragödie offenbar. Seit diesem Tag habe sein Sohn sich verändert, berichtet es der Vater der Polizei. er beschäftigt sich mit schwarzer Magie. „Ich dachte, es könnte mir bei der Findung meines Ichs helfen“, sagt der Täter später. Stimmen kommen hinzu, religiöse Wahnvorstellungen. Er geht zum Arzt, weil er sich unwohl fühlt – aber auch der entdeckt die sich anbahnende Psychose nicht. Wie eine Marionette habe er sein Werk vollenden müssen: „Ich war eine Puppe von dem großen Puppenspieler!“

Der (juristische) Abschluss: Beim Täter wird eine schwere Psychose diagnostiziert, eine paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie, der 23-Jährige gilt als nicht schuldfähig. Deshalb erhebt die Staatsanwaltschaft auch keine Anklage.

Er wird auf nicht absehbare Zeit in der Psychiatrie untergebracht

Täter wurde therapiert

20 Jahre nach der Bluttat erklärt Staatsanwältin Elke Hinterberg gegenüber der WAZ, dass Therapeuten, Gutachter und Richter entschieden haben, dass der Täter erfolgreich therapiert sei.

„Er lebt auch heute noch in einem geschützten Rahmen“, sagt die Staatsanwältin über den inzwischen 45-Jährigen. Eingesperrt in eine geschlossene Einrichtung ist er nicht mehr, er darf sich frei bewegen.

Vor Gericht muss der Täter trotzdem, er wird auf nicht absehbare Zeit in der Psychiatrie untergebracht. „Sein Fall ist ein besonders abschreckendes Beispiel für Haschischkonsum“, sagt Staatsanwältin Elke Hinterberg. Die Droge sei als Ursache für seine Psychose ausgemacht worden.

Für die Familie des Opfers bleibt alles unfassbar. Für sie gelten seither die Worte, die Superintendent Ernst Voswinkel bei der Beerdigung sagt: „Nichts ist mehr, wie es mal war!“

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