Sprockhövel. 101 Teilnehmer werten beim Fahrradklimatest die Fahrradsituation in Sprockhövel. Die Note ist mit 4,26 besonders schlecht.

Sprockhövel ist das grüne Herz am schönsten Fleck, so wurde die Stadt im vergangenen Jubiläumsjahr besungen. Doch das Radfahren macht hier offensichtlich immer weniger Spaß: Beim Fahrradklimatest, dem sich alle zwei Jahre auch diese Kommune unterziehen muss, hat Sprockhövel mit einer Gesamtnote von 4,26 ihr bislang schlechtestes Ergebnis erzielt.

Teilnehmerzahl hat erheblich zugenommen

Britta Altenhein, die Koordinatorin des Arbeitskreises Radverkehrsförderung und selbst passionierte Radlerin, hat das schlechte Abschneiden durchaus kommen sehen. „Einerseits freue ich mich ja, das die Zahl der Leute, die sich an dem Klimatest beteiligt haben, erheblich von 87 (2018) auf 101 Personen zugenommen hat“, sagt Altenhein, die für Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat sitzt. Doch 4,26 sei ein Armutszeugnis: In der Kategorie der Städte in Nordrhein-Westfalen der Größenordnung 20.000 bis 50.000 Einwohner belegt Sprockhövel unter den 116 teilnehmenden Städten Rang 96.

In fast allen Kategorien abgerutscht

Zwei Jahre davor reichte eine Durchschnittsnote von 3,9 noch für einen mittleren Rang bei den 82 Kommunen, die sich aus NRW beteiligt hatten. In Fortsetzung zu den Vorjahren rutschte Sprockhövel jetzt in fast allen abgefragten Kategorien in der Beurteilung ab. So etwa bei der Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer verschlechtert sich Sprockhövel von 3,6 auf 3,9, bei der Werbung für den Radverkehr von 4,1 auf 4,6, bei der Fahrradförderung von 4,0 auf 4,8. Beim Thema Abstellanlagen gab es den Daumen runter, die Breite der Wege wurde um eine halbe Note auf 4,7 nach unten korrigiert.

An allen Fronten muss was passieren

Ein wichtiger Indikator für die Bereitschaft und das Interesse der Bürger am Radfahren ist die praktische Frage nach der Erreichbarkeit der Stadtzentren. Auch dies wurde im Fahrradklimatest abgefragt: Um eine ganze Note sank der Wert im Urteil der Testteilnehmer von 2,9 auf 3,9.

„Zusammengefasst muss gesagt werden, dass beim Thema Radfahren an allen Fronten etwas geschehen sollte“, empfiehlt Britta Altenhein, in anderen vergleichbaren Städten sei man bei der Fahrradfreundlichkeit weiter. Was sagt die Radfahrerin zum Einwand, dass Sprockhövel möglicherweise aufgrund seiner topografischen Gegebenheiten nicht so radtauglich ist wie die - durchweg sehr positiv bewerteten - Städte des Münsterlandes? „Wir leben nicht mehr im Zeitalter der Dreigangschaltung“, gibt Altenhein zu bedenken. Die Realität heute seien 15 und mehr Gänge und die motorunterstützten Pedelecs. Der ADFC berichtet hierzu aus dem Fahrradklimatest: 24 Prozent der Teilnehmenden nutzen hauptsächlich ein Pedelec, das sei ein Anstieg um 60 Prozent im Vergleich zu 2018.

CDU und Grüne haben die Mehrheit

In Sprockhövel haben CDU und Grüne zusammen eine Mehrheit im Stadtrat. Werden sie diese auch zur Verbesserung der Radfahrsituation in Sprockhövel verbessern? Die Mehrheit werde genutzt, sagt Britta Altenhein, um an vielen Stellen in der Stadt etwas für die Verbesserung des Radverkehrs zu erreichen. „Aber die Kommunalpolitik allein schafft da nicht viel, wenn die für die Landstraßen zuständige Landesregierung ihre Prioritäten anders setzt.“

Fokus auf Alltagsradler

Britta Altenhein wünscht sich, dass der Fokus in der Stadt weniger auf den einträglichen Fahrradtourismus, sondern auf die Alltagsradler gelegt werde, wenn sich immer mehr Menschen aufs Rad und weniger aufs Auto verlegten.

Während der Coronazeit ist übrigens die Bedeutung des Fahrrades gestiegen, dieser Aussage stimmen 65 Prozent der Teilnehmer zu. Doch es fehlen den meisten Teilnehmern klare Signale für mehr Fahrradfreundlichkeit, hierfür gab es die besonders schlechte Note von 5,3.